Seit diesem Dienstag impfen auch Hausärzte gegen Corona

Bundesweit beteiligen sich rund 35.000 Hausarztpraxen. Bei den Ärzten herrscht Unmut über die geringe Anzahl von Impfdosen.

Gut drei Monate nach Beginn der Corona-Impfungen in Deutschland kommen nun die Hausärzte ins Spiel. Noch allerdings sind die Impfstoffmengen überschaubar.
Gut drei Monate nach Beginn der Corona-Impfungen in Deutschland kommen nun die Hausärzte ins Spiel. Noch allerdings sind die Impfstoffmengen überschaubar.Foto: dpa/Jens Büttner

Berlin-Nach dem schleppenden Start der Corona-Impfungen beginnt jetzt die zweite Stufe der Impfkampagne in Deutschland: In dieser Woche wollen bundesweit 35.000 Hausärzte anfangen, gegen das Coronavirus zu impfen. Einige Praxen starten bereits an diesem Dienstag, andere warten noch auf Impfstoff und wollen in den nächsten Tagen folgen. Seit Beginn der Impfkampagne Ende Dezember wurden die Vakzine bisher vor allem in den bundesweit 430 Impfzentren verabreicht.

Zunächst steht den Hausärzten nur ein überschaubares Angebot zur Verfügung. In der ersten Woche erhalten alle Praxen zusammen 940.000 Impfdosen. Das sind rein rechnerisch gut 26 Dosen pro Praxis. In der Woche vom 26. April gibt es dann aber einen deutlichen Schub, dann können die Praxen insgesamt mit mehr als drei Millionen Dosen rechnen. Das wären erstmals mehr als für die Impfzentren.

Hausärzte „unglücklich“ über geringe Anzahl an Impfdosen

Der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, hat im Inforadio vom RBB die Erwartungen an einen schnellen Impf-Fortschritt gedämpft. Er sagte, die Hausärzte seien zwar startklar, aber es gebe anfangs nur eine geringe Anzahl an Impfdosen.

„Das ist etwas, worüber wir nicht ganz glücklich sind, dass wir zunächst im Schnitt ungefähr 20 Dosen pro Praxis bekommen pro Woche. Das ist ein bisschen wenig. Wir haben in Pilotpraxen feststellen können, die es seit März gibt, dass wir in der Routine 60, 70 – auch um 100 – Patienten in der Woche gut impfen können, und da würde die Geschwindigkeit sicher noch mal hochgehen.“ Wenn die Impfkampagne bei den Hausärzten voll angelaufen ist, könnten die Impfzentren aus Sicht Weigeldts bald überflüssig sein.

Auch für die Hausarztpraxen gilt generell die festgelegte Reihenfolge, wer zuerst geimpft werden kann. Eine zentrale Einladung für die Patienten gibt es nicht, wie das Bundesgesundheitsministerium erläutert. Wie sie Impftermine vergeben, können die Praxen selbst regeln – zum Beispiel per Telefon oder mit Online-Buchungen. Einzelne Ärzte impfen – auch im Zuge von Modellprojekten – schon seit einiger Zeit, in Bayern war vergangene Woche Impfstart in 1635 Praxen.

Impfungen in Betrieben rücken in den Fokus

Damit gerät nun auch der nächste Schritt der Impfkampagne verstärkt in den Blick. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) fordert von der Bundesregierung, die geplanten Impfungen in den Betrieben rasch voranzutreiben.

„Der Start der Impfkampagne auch durch Hausarztpraxen ist ein richtiger Schritt, doch er reicht nicht aus, um den Corona-Impfschutz so schnell wie irgend möglich an so viele Menschen wie möglich zu bringen“, sagte PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Schon jetzt muss die Politik den nächsten Schritt vorbereiten und die Impfung in den Betrieben und bei allen anderen Arzt- und Zahnarztgruppen ermöglichen, sobald in den nächsten Wochen die Impfstofflieferungen wie erwartet ansteigen.“

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte Ende März gesagt, Betriebsärzte sollten erst nach Hausärzten in die Impfkampagne einsteigen. „Noch ist es zu knapp“, sagte er über den verfügbaren Impfstoff. Er finde es schwierig, jüngere Mitarbeiter von Unternehmen zu impfen, solange die Älteren noch nicht geschützt seien.

Reuther meinte, die Infrastruktur der Betriebsärzte sei besonders geeignet. „Uns liegen schon jetzt zahlreiche Anfragen aus Krankenversicherungsunternehmen vor, deren Betriebsärzte sofort zur Impfung der Belegschaften bereitstehen – aber derzeit leider noch keinen Impfstoff bestellen dürfen.“ Viele Unternehmen hätten sich auch angeboten, die Familienangehörigen von Mitarbeitern ebenfalls zu impfen. Dies wäre aus Reuthers Sicht auch sinnvoll. Er forderte die Bundesregierung auf, jetzt die nötigen Organisationsfragen zu lösen – „und nicht erst dann, wenn sich die Impfstoffe auf dem Hof stapeln“.