Chat-Verläufe zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla sind offenbar weg. Wie das Nachrichtenportal Euractiv berichtet, geht das aus einer Antwort der Behörde auf den Vorwurf der EU-Bürgerbeauftragten hervor. Es soll im Zuge der Corona-Impfstoffbeschaffung verwaltungstechnische Missstände gegeben haben.
In der Antwort an die Bürgerbeauftragte heißt es, dass die Suche „zu keinen Ergebnissen geführt“ habe. Was war passiert? Ursula von der Leyen hat mit Pfizer-Chef Bourla über die 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff via Textnachrichten verhandelt. Die New York Times berichtete darüber im April 2021.
Auch die Financial Times berichtete. Die Zeitung hatte offenbar Einsicht in Teile der Verträge. Demnach stiegen die Kosten nach dem persönlichen Austausch zwischen Bourla und von der Leyen nach den Erst-Lieferungen von 15,50 Euro auf 19,50 Euro pro Dosis bei den darauf folgenden Lieferungen. Die People's Vaccine Alliance, ein Bündnis humanitärer Organisationen, mutmaßt nun unter Verweis auf eine Analyse des Imperial College London, dass der Herstellungspreis für eine einzelne Impfstoff-Dosis bei weniger als drei Euro liegen könnte.
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Im Zuge dessen betonte EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly, die ihr Urteil am 28. Januar bekannt gab, dass die Europäische Kommission „eine umfassendere Suche nach den relevanten Nachrichten durchführen“ müsse. Die Antwort der EU-Kommission ließ auf sich warten.
Transparenz-Kommissarin: „Kurzlebige“ Dokumente werden nicht archiviert
Wie Netzpolitik.org berichtet, wurde unterdessen auch eine Petition gestartet. Die mehr als 100.000 Unterstützer forderten von der Leyen dazu, die Chat-Verhandlungen über den Kauf der Impfstoff-Dosen preiszugeben. Initiiert wurde die Unterschriftensammlung von der Organisation SumOfUS, die sich unter anderem für die Kontrolle von Konzernmacht einsetzt.
Auch aus dem EU-Parlament wurden Forderungen nach einer Offenlegung der Chats laut. „Die Europäische Kommission hat mit Pfizer Verträge im Wert von mehreren Milliarden Euro abgeschlossen […] Wir haben das Recht zu erfahren, was der Kommissionspräsident mit dem CEO von Pfizer besprochen hat“, sagte etwa die niederländische Abgeordnete Kathleen Van Brempt.
Die Kommissarin für Transparenz, Věra Jourová, veröffentlichte ihre Antwort an die Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly am vergangenen Mittwoch. Jourová erklärte demnach, dass keine derartigen Textnachrichten registriert worden seien und dass sie sich in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften über den Zugang zu Dokumenten sehe.
Jourová argumentierte wie schon zuvor seitens der EU-Kommission argumentiert worden war: Ein Dokument, das „keine wichtigen Informationen enthält“ sei „kurzlebig“ und falle „nicht in den Verantwortungsbereich des Organs“. Es werde nicht registriert. Derartige „kurzlebige, flüchtige Dokumente“ würden nicht archviert. Deshalb befänden sie sich nicht im Besitz des Behörde „gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung“.
