In Berlin und Brandenburg: Über 15.000 Anträge auf Einsicht von Stasi-Akten

Das Interesse der Menschen an der Vergangenheit sei noch immer hoch, sagte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn.

Eine Stasi-Akte mit der Aufschrift OPK-Akte (Operative Personenkontrolle).
Eine Stasi-Akte mit der Aufschrift OPK-Akte (Operative Personenkontrolle).dpa/Sebastian Kahnert

Berlin-In Berlin und Brandenburg sind in diesem Jahr 15.544 Anträge auf Einsicht in Stasi-Akten gestellt worden (Stand 30. November). Die meisten davon entfielen auf die Zentrale der Stasi-Unterlagen-Behörde (13.996) in der Hauptstadt. In der Außenstelle Frankfurt (Oder) wurde im 30. Jahr der Deutschen Einheit 1548-mal beantragt, in Papiere zu schauen, die die DDR-Staatssicherheit rechtswidrig über Menschen anlegte.

Das Interesse der Menschen an der Vergangenheit sei noch immer hoch, gehe aber im Vergleich zu früheren Jahren zurück, sagte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, der Deutschen Presse-Agentur. 2020 wurden deutschlandweit 35.356 Anträge auf persönliche Einsicht in die Stasi-Akten gestellt (Stand 30. November), wie der scheidende Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die Zahl der Anträge nehme rund 31 Jahre nach dem Mauerfall naturgemäß zwar ab. Im gesamten Vorjahr wurde noch 56.526-mal Einsicht in persönliche Akten beantragt. Seit 1992 gingen bei der Behörde insgesamt knapp 3,4 Millionen solcher Anträge ein.

So wurden im vergangenen Jahr in Berlin 18.020 Anträge auf persönliche Akteneinsicht registriert, in Frankfurt (Oder) waren es 2588. Im Schnitt kämen zwei Drittel der Anträge von Menschen, die den Blick in die Vergangenheit zum ersten Mal wagen wollten. Ein Drittel seien Wiederholungsanträge, da jetzt die Akten weiter erschlossen seien als etwa in den 1990er-Jahren.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Bürgerrechtler retteten die Stasi-Akten vor Vernichtung

1992 war das Interesse an der persönlichen Akteneinsicht riesig, die mit der neu gegründeten Stasi-Unterlagen-Behörde möglich wurde. In dem Jahr wurden allein in Berlin 54.528 solcher Anträge registriert. In Frankfurt (Oder) summierten sich die Wünsche auf Akteneinsicht auf 34.836, in der inzwischen geschlossenen Außenstelle in Potsdam waren es damals 29.572. Bis heute gingen in Berlin bei der Bundesbehörde mehr als 800.000 Anträge ein. In Brandenburg wurden seit Gründung der Bundesbehörde 311.854 Anträge registriert.

Nach dem Mauerfall war ein Großteil der Stasi-Akten von mutigen Bürgerrechtlern vor der Vernichtung gerettet worden. Die Sicherung der Akten sowie die Einrichtung der Stasi-Unterlagen-Behörde gelten als Errungenschaften der friedlichen Revolution. 2021 wird das Stasi-Unterlagen-Archiv laut Bundestags-Beschluss Teil des Bundesarchivs. Die Jahn-Behörde wird aufgelöst. Die Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit sei nicht abgeschlossen, unterstrich Jahn. Die Stasi-Akten, die 2021 unter das Dach des Bundesarchivs kommen, bleiben demnach zugänglich.

Zur Stasi-Hinterlassenschaft gehören mehr als 111 Kilometer Schriftgut und Tausende Fotos. In mehr als 15.000 Säcken lagern zerrissene und noch nicht erschlossene Papiere.