Isar 2: Haben Söder und Merz zu Leck in AKW geschwiegen?

Nach dem Bekanntwerden eines Lecks im Atomkraftwerk Isar 2 beklagt Bundesumweltministerin Steffi Lemke, keine früheren Hinweise aus Bayern erhalten zu haben.

11.09.2022, Bayern, Essenbach: Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks (AKW) Isar 2.
11.09.2022, Bayern, Essenbach: Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks (AKW) Isar 2.dpa/Armin Weigel

Nach dem Bekanntwerden eines Ventil-Lecks im Atomkraftwerk Isar 2 gibt es Vorwürfe gegen die Informationspolitik des Betreibers Preussen Elektra und der bayerischen Behörden.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke beklagt, keine früheren Hinweise aus Bayern erhalten zu haben. Insbesondere die Union und den bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber (Freie Wähler), nimmt die Grünen-Politikerin dabei ins Visier, wie sie im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur deutlich machte.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und CDU-Chef Friedrich Merz hätten sich ja beide den Reaktor angeschaut und mit dem Betreiber gesprochen. „Ich frage mich schon, ob sie über die Leckage nicht informiert wurden, oder ob sie das Problem in ihrer Pressekonferenz am 4. August vor dem Reaktor einfach verschwiegen haben“, sagte Lemke der dpa. „Es stellt sich auch die Frage, warum Minister Glauber, immerhin Chef der bayerischen Atomaufsicht, nicht auf das Problem hingewiesen hat. Das ist einfach unseriös“, sagte sie weiter.

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Am Montag hatte ihr Haus eine Mitteilung veröffentlicht, wonach der Betreiber des AKW Isar 2, die Eon-Tochter Preussen Elektra, das Bundesministerium in der vergangenen Woche „über eine interne Ventilleckage“ im AKW informiert habe. Die Sicherheit der Anlage sei dadurch nicht beeinträchtigt. Das Kraftwerk könne auch bis zum eigentlich geplanten Betriebsende am 31. Dezember weiterlaufen, hieß es. Für einen Reservebetrieb über dieses Datum hinaus, wie er der Bundesregierung im Falle einer Stromversorgungsnotlage vorschwebe, sei jedoch bereits im Oktober eine Reparatur nötig, habe Preussen Elektra mitgeteilt. Dies würde den Angaben zufolge mit einem einwöchigen Stillstand des Meilers einhergehen.

„Wir sind gerade dabei, die veränderte Situation zu bewerten und Schlussfolgerungen zu ziehen“, erklärte Lemke. Für einen Notfallreservebetrieb ab Januar brauche es noch „mehrere Gesetzesänderungen“, wie Lemke ankündigte. Um die Frage einer Reparatur von Isar 2 zu klären, stünden nun Gespräche mit dem Betreiber an. „Richtig ist, dass jetzt sehr zeitnah vom Betreiber entschieden werden muss, ob er diese Reparaturen durchführt“, sagte Lemke.

Steffi Lemke: Sicherheitsfragen „systematisch ignoriert“

Das aufgetretene Leck mache deutlich, „dass Fragen der Sicherheitsanforderungen bei der politischen Debatte über eine Laufzeitverlängerung von CDU und CSU systematisch ignoriert werden“, kritisierte die Ministerin. „Die neue Wendung ist für mich auch eine Bestätigung, dass eine Laufzeitverlängerung von drei bis vier Jahren nicht verantwortlich und auch nicht einfach möglich ist“, bekräftigte die Grünen-Politikerin.

Grünen-Parteichefin Ricarda Lang wies auf Twitter darauf hin, dass die bayerische Landesregierung immer behauptet habe, ein Weiterbetrieb des Akw Isar 2 sei problemlos möglich. Stattdessen komme nun die Information über das Leck. „Die Mär vom sicheren Atomkraftwerk Isar 2 zerbröselt wie ein Butterkeks“, erklärte die bayerische Landtagsfraktion der Grünen.

Auch Umweltverbände sehen sich nach dem Vorfall in der Forderung nach Abschaltung des Akw bestätigt und  nehmen die Nachricht zum Anlass, auf ein Festhalten am Atomausstieg zum Jahresende zu dringen.

„Das neue Leck beweist: Das Atomkraftwerk Isar 2 ist ein Sicherheitsrisiko und muss sofort abgeschaltet werden“, erklärte die Deutsche Umwelthilfe. „Statt den Weiterbetrieb zu diskutieren, sollte das unsichere Atomkraftwerk schleunigst abgeschaltet werden“, forderte auch der Umweltverband BUND.

Welche Optionen für Isar 2?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Anfang September angekündigt, dass die Kraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg noch bis Mitte April 2023 bei Engpässen als Notreserve zur Verfügung stehen sollten.

Aufgrund der neuen Sachlage gibt es aber für Isar 2 offensichtlich nur noch die Optionen, das Kraftwerk Ende Dezember endgültig abzuschalten oder bis April weiterlaufen zu lassen, nicht jedoch die Möglichkeit, es nach einer Abschaltung etwa im Januar oder Februar nach Bedarf wieder hochzufahren. Zudem müsste bereits jetzt zeitnah über die Ventil-Reparatur entschieden werden. Neckarwestheim 2 ist von diesen Problemen nicht betroffen.