Justizminister droht Telegram mit „Bußgeld in Millionenhöhe“
Telegram gilt als Hauptmedium für die Koordination der Proteste gegen Corona-Maßnahmen. Auch wegen Verbreitung von Morddrohungen steht der Dienst in der Kritik.

Im Kampf gegen strafbare Hass- und Gewaltaufrufe hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) dem umstrittenen Messengerdienst Telegram mit einem „Bußgeld in Millionenhöhe“ gedroht. Dieses könne am Ende der Bußgeldverfahren stehen, die das Bundesamt für Justiz gegen den Plattform-Betreiber eingeleitet habe, sagte Buschmann am Freitag am Rande eines Treffens der EU-Justizminister im nordfranzösischen Lille.
Telegram gilt als Hauptmedium für die Koordination der Proteste gegen Corona-Maßnahmen und steht wegen der Verbreitung von Morddrohungen gegen Politiker sowie Falschmeldungen in der Kritik.
Staatssekretär spricht mit Telegram-Vertretern
Das Bundesinnenministerium hatte zuvor bestätigt, dass es erstmals einen direkten Kontakt zur Konzernspitze gibt. „Ich hoffe sehr, dass wir eine Lösung finden“, betonte Buschmann. „Die Lösung muss natürlich lauten, dass Telegram die deutschen Regulierungen nicht nur akzeptiert, sondern umsetzt.“
Das Gespräch habe demnach Staatssekretär Markus Richter aus dem Bundesinnenministerium mit weiteren Vertretern des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums geführt. Dabei habe die Spitze von Telegram ihre größtmögliche Kooperationsbereitschaft mit den deutschen Behörden erklärt. Für den künftigen direkten Austausch sei von Telegram ein hochrangiger Ansprechpartner benannt worden. Der Kontakt sei demnach über eine von der Suchmaschine Google vermittelte Emailadresse zustande gekommen.
Der Ministeriumssprecher sagte dem RND: „Das Bundesinnenministerium wertet diesen hergestellten Kontakt als großen Erfolg und wird den weiteren Austausch mit Telegram fördern und intensivieren.“
Buschmann verwies daneben auch auf Bemühungen der EU, große Plattform-Betreiber deutlich stärker in die Pflicht zu nehmen. „Ich glaube, dass Telegram stärker beeindruckt ist, wenn wir als Europäer gemeinsam vorgehen“, sagte Buschmann. Telegram sei mehr als ein Messengerdienst. Es biete die öffentlichen Funktionen eines sozialen Netzwerkes und müsse sich an das dafür gültige deutsche Recht halten. „Dazu gehört unter anderem, einen Ansprechpartner für deutsche Behörden zu benennen, wenn auf Telegram zu Straftaten aufgerufen wird, indem zum Beispiel sogenannte Feindeslisten veröffentlicht werden.“ Telegram komme dieser Verpflichtung nicht nach.
Telegram hat seinen Sitz in Dubai
Gegenwärtig würden zwei Bußgeldverfahren gegen Telegram geführt, betonte Buschmann. Es sei allerdings nicht gelungen, die dazu fälligen Bescheide für eine Anhörung dem Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch erfolgreich zuzustellen. „Als nächstes werden wir deshalb den Weg der öffentlichen Zustellung gehen, indem wir eine Benachrichtigung im Bundesanzeiger veröffentlichen. Wir werden also nicht lockerlassen.“
Die Herausforderung liege allerdings darin, deutsches oder europäisches Recht auch durchzusetzen, wenn ein Unternehmen wie Telegram seinen Sitz in Dubai und somit außerhalb der EU habe. „Uns fehlen also keine Strafrechtsnormen oder Gesetze, aber es braucht eine gewisse Ausdauer, um an das Unternehmen heranzukommen“, sagte Buschmann den Zeitungen und bekräftigte: „Die haben wir.“
EU-Justizkommissar Didier Reynders betonte in Lille, die geplanten Auflagen beträfen „alle Betreiber, die auf dem Gebiet der Europäischen Union tätig sind“. Mit dem sogenannten Digital Services Act (DSA) will die EU Internet-Konzerne unter anderem dazu verpflichten, stärker gegen Hassnachrichten vorzugehen.
