WDR-Managerin Katrin Vernau wird Interims-Intendantin beim RBB

Im zweiten Wahlgang wurde Katrin Vernau zur Interims-Intendantin gewählt. Auf sie kommt eine schwierige und mühsame Zeit zu.

Die bisherige Verwaltungsdirektorin des WDR, Katrin Vernau, wird Interims-Intendantin des RBB.
Die bisherige Verwaltungsdirektorin des WDR, Katrin Vernau, wird Interims-Intendantin des RBB.dpa/Christophe Gateau

Die WDR-Managerin Katrin Vernau soll als Interims-Chefin den krisengeschüttelten ARD-Schwestersender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in den nächsten Monaten führen. Das unabhängige Kontrollgremium RBB-Rundfunkrat wählte am Mittwoch in Potsdam nach dpa-Informationen die Verwaltungsdirektorin des Westdeutschen Rundfunks (WDR) zur Interims-Intendantin. Damit wurde eine Lösung innerhalb der ARD und des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems gefunden.

Im ersten Wahlgang hatte Vernau eine Niederlage hinnehmen müssen. Das berichtet der RBB. Demnach verfehlte sie die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Vernau hätte 14 der insgesamt 20 abgegebenen Stimmen gebraucht. Laut dem RBB erhielt sie aber offenbar nur zwölf.

Vernau stammt aus Baden-Württemberg. Seit 2015 ist sie Verwaltungsdirektorin des WDR. Vor ihrer Tätigkeit beim Westdeutschen Rundfunk war die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin nach RBB-Angaben Partnerin bei der Unternehmensberatung Roland Berger und zudem Kanzlerin an den Universitäten Ulm und Hamburg. Im Jahre 2011 war sie vom damaligen SPD-Spitzenkandidaten Nils Schmid als potenzielle Forschungsministerin ins sozialdemokratische Schattenkabinett für Baden-Württemberg nominiert worden. Vernau war von einer vom Rundfunkrat beauftragten Findungskommission für den Posten der Interimsintendaz beim RBB vorgeschlagen worden.

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WDR-Intendant Tom Buhrow: „Feuerwehreinsatz“ für Interims-Chef beim RBB

WDR-Intendant Tom Buhrow hatte es vor Tagen im Landtag Sachsen-Anhalt salopp als einen „Feuerwehreinsatz“ bezeichnet, was einen Interims-Chef beim RBB erwarte. Vorwürfe des Filzes und der Vetternwirtschaft gegen die fristlos entlassene ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf haben den öffentlich-rechtlichen Sender schwer beschädigt - und damit auch das gesamte System. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt und durchsuchte die Intendanz. Es läuft zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Schlesinger und Wolf wiesen Vorwürfe zurück. Bis zur Aufklärung der Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.

Mit Vernau kommt eine Kennerin des verwinkelten und weit verzweigten öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum RBB. Es hatte vor der Wahl auch Stimmen gegeben, die eine andere Lösung gefordert hatten - jemanden, der überhaupt nichts mit dem System zu tun hatte bislang, quasi „unbefleckt“ ist.

Position des WDR innerhalb der ARD wird mit Personalie Vernau gestärkt

Vernau ist für den WDR als größte ARD-Anstalt eine feste Bank. Sie steuert eine der größten Organisationen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sie gilt als kompetent und anpackend, wenn man sich im ARD-Umfeld umhört. Im Mai 2019 wurde sie mit großer Mehrheit in ihrem Amt als Verwaltungsdirektorin wiedergewählt. Sie hat den Posten seit 2015 inne. Ihre aktuelle Amtszeit läuft bis Ende Februar 2025.

Mit der Personalie Vernau wird zugleich die Position des WDR innerhalb der ARD gestärkt. Buhrow selbst war bereits beim wichtigen Posten des ARD-Vorsitzenden eingesprungen, den Schlesinger inmitten der RBB-Affäre abgeben musste. Buhrow war ihr Vertreter gewesen und rückte damit nach. Der ARD-Chef vertritt die neun Häuser der Sendergemeinschaft bis Jahresende gegenüber Gesellschaft und Politik - eine Schlüsselfunktion. Danach wird voraussichtlich der SWR übernehmen.

Wahl Vernaus durchaus umstritten

In einer beispiellosen Aktion hatte Buhrow im Namen der anderen ARD-Intendanten erklärt, dass man das Vertrauen in die aktuelle RBB-Geschäftsleitung verloren hat. Den Intendanten und Intendantinnen stieß zum Beispiel auf, dass sie Informationen zum RBB erst aus der Presse erfahren mussten, es fehlte ihnen die Transparenz. Sie isolierten so den ARD-Sender und schalteten inzwischen auch ohne den RBB. In Berlin und Brandenburg zeigte man sich zum Teil empört und beleidigt über diesen Schritt.

Die Wahl Vernaus war nicht unumstritten, was per se nicht an ihrer Kompetenz lag. Dem Redaktionsausschuss und der Vertretung der freischaffenden Mitarbeiter des RBB, die in der Krise an Macht und Einfluss gewonnen haben, gefiel vielmehr nicht, dass es keine Auswahl von mehreren Kandidaten für die Interims-Position gab. Die Freienvertretung teilte zudem mit: „Das Agieren des WDR-Intendanten im Umgang mit der RBB-Führungskrise wurde in der RBB-Belegschaft mit großer Skepsis wahrgenommen. Allein der Eindruck, mit Frau Vernau werde eine Statthalterin des WDR eingesetzt, wäre eine erhebliche Bürde.“

RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König hatte am Mittwoch im Medienausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus gesagt, dass sie zunächst auch einen Kandidaten außerhalb der ARD für das Amt hatte. Mit Blick auf die Aufgaben der neuen Interims-Chefin ergänzte König: Es gelte, das Haus wieder zu einen und eine Grundlage dafür zu schaffen, dass „der RBB wieder aufs Gleis gesetzt wird“.