Türkei: Inflation steigt auf 79 Prozent

Das Leben wird für die Menschen in der Türkei immer teurer. Vor allem die Lebensmittelpreise sind explodiert.

Besonders Lebensmittel sind deutlich teurer geworden (Symbolbild).
Besonders Lebensmittel sind deutlich teurer geworden (Symbolbild).AP/Francisco Seco

Die Inflation in der Türkei steigt weiter. Im Juni erhöhen sich die Lebenshaltungskosten gegenüber dem Vorjahresmonat auf 78,62 Prozent, wie das nationale Statistikamt am Montag in Ankara mitteilte. Im Vormonat hatte die Teuerungsrate rund 74 Prozent betragen. Ein Grund für die starke Inflation ist die schwache türkische Währung, die Importe sehr teuer macht, so das türkische Statistikamt. Die Lira verlor binnen eines Jahres die Hälfte ihres Wertes zum Dollar.

Besonders Transport und Lebensmittel verteuerten sich im Juni auf Jahresbasis deutlich. Auch die Herstellerkosten stiegen weiter: Auf Jahressicht erhöhten sich die Preise, die Produzenten für ihre Güter erhalten, laut Statistikamt im Juni um rund 138 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat ist das ein Anstieg von rund 6,8 Prozent. Die Erzeugerpreise fließen in der Regel zeitverzögert und teilweise in die Verbraucherpreise mit ein.

Türkei: Notenbank hält Leitzins seit Januar

Die Opposition wirft der Regierung vor, die Inflationszahlen zu schönen und geht von einer deutlich höheren Rate aus. Die in Istanbul ansässige Inflations-Forschungsgruppe Enag bezifferte die Teuerung für Juni im Jahresvergleich sogar auf 175,55 Prozent.

Die Inflationsrate in der Türkei wird durch mehrere Faktoren getrieben. Seit längerem sorgt die schwache Landeswährung Lira für erheblichen Preisauftrieb, da in die Türkei importierte Güter dadurch verteuert werden. Auch steigen die Preise vieler Rohstoffe, nicht zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Die türkische Notenbank stemmt sich nach Meinung vieler Ökonomen zudem nicht entschlossen genug gegen die hohe Teuerung. Vielmehr haben die Währungshüter ihre Geldpolitik seit vergangenen Sommer gelockert. Nach gängiger ökonomischer Lehre kann eine Erhöhung der Zinsen der Inflation entgegenwirken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan argumentiert hingegen, dass hohe Zinsen Inflation verursachen. Die Notenbank folgt Erdogans Linie und verzichtet bislang auf Zinserhöhungen. Sie hält den Leitzins seit Januar bei 14 Prozent.

Türkei: Inflation in großen Städten noch höher

Die Türkei erlebt bereits seit Anfang 2017 nahezu durchgehend Teuerungsraten im zweistelligen Bereich. Ein Jahr vor den für Juni 2023 geplanten Präsidentschaftswahlen werfen Kritiker aus den Reihen der Opposition und auch einige Ökonomen dem nationalen Statistikamt aber sogar vor, das Ausmaß der Inflation noch zu beschönigen.

Die Inflation ist in den großen Städten noch höher. Die Regierung kündigte am Freitag eine Erhöhung des Mindestlohns um 25 Prozent an, nachdem er bereits zum Jahresanfang um 50 Prozent gestiegen war. Das kann den Anstieg der Verbraucherpreise noch weiter beschleunigen.