Berlin-Wegen der Besetzung der Reichstagstreppe bei den Demonstrationen am Sonnabend in Berlin ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Landfriedensbruchs. Das sagte ein Sprecher am Montag. Möglicherweise könnten noch weitere Delikte dazukommen. Das müssten die Untersuchungen ergeben. Ob die Demonstranten versucht hätten, mit Gewalt in den Reichstag einzudringen oder das Gebäude zu beschädigen, sei noch nicht bekannt.
Nach Polizeiangaben hatten am Sonnabendabend etwa 300 bis 400 Demonstranten Absperrgitter am Reichstagsgebäude überrannt und sich triumphierend und lautstark vor dem verglasten Besuchereingang aufgebaut. Dabei wurden vor dem Herzstück der Demokratie auch schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenkt. Nach einer Weile bekamen die drei ersten Polizisten Verstärkung und die Beamten drängten die Menschen auch mit Pfefferspray zurück.
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Die drei Polizisten, die auf dem oberen Absatz zwischen Demonstranten und dem Besuchereingang des Bundestags zu sehen sind, gehören laut Polizei zu einer sogenannten Alarmhundertschaft eines Polizeiabschnitts der Direktion 5, die zuständig ist für die Innenstadt, also den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und Teile von Neukölln und Mitte. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte mit, dass sich sieben Polizisten oben im Eingangsbereich der aufgeheizten, aber gewaltfreien Menge entgegengestellt hätten. Auf Videos sind vor allem drei Polizisten aus der Nähe zu sehen.
Auch gegen die Frau, die auf der Bühne einer Reichsbürger-Demonstration direkt vor dem Reichstag zum Sturm auf das Gebäude aufgerufen habe, liefen Ermittlungen. Die Identität der Frau sei der Polizei bekannt. Nach einem Bericht des „Tagesspiegel“ soll es sich um eine bekannte Vertreterin der Reichsbürgerszene handeln, die aus der Eifel stammt, als esoterische Heilpraktikerin arbeitet und schon oft bei Demonstrationen öffentlich auftrat.
Bundespräsident: Bilder vom Reichstag „unerträglich“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte unterdessen erneut scharf die Besetzung der Treppe des Reichstagsgebäudes. „Reichsflaggen auf den Stufen des frei gewählten deutschen Parlaments, das Herz unserer Demokratie – das ist nicht nur verabscheuungswürdig, sondern angesichts der Geschichte dieses Ortes geradezu unerträglich“, sagte er. „Wir dulden keine antidemokratische Hetze und keine Herabwürdigung der Bundesrepublik Deutschland am Bundestag.“
Bundespolitiker von CSU und Grünen regten an, die Beschränkungen für Demonstrationen in unmittelbarer Nähe des Bundestags zu erweitern. Der CSU-Rechtspolitiker Volker Ullrich schlug vor, das faktische Demonstrationsverbot nicht mehr nur auf die Sitzungstage des Parlaments zu beschränken – „mit der Möglichkeit, Ausnahmen zuzulassen“, sagte er der „Welt“. Auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sieht Handlungsbedarf. Innen-Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) hingegen sagte:„Ich sehe keine unmittelbare Notwendigkeit, aufgrund dieses einen zugegebenermaßen unerträglichen und beschämenden Vorfalls die Bannmeile um den Reichstag zu erweitern oder die Regelungen zu verschärfen.“