Bundesregierung ruft Alarmstufe des Notfallplans Gas aus

Laut Robert Habeck befindet sich Deutschland in einer „Gaskrise“. Die Deutschen müssen sich auf weitere Preisanstiege gefasst machen, so der Minister.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)AFP/Tobias Schwarz

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die zweite Krisenstufe im Notfallplan Gas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen. Grund dafür seien die seit Mitte Juni bestehende Kürzung der russischen Gaslieferungen sowie die hohen Preise am Gasmarkt, sagte Habeck am Donnerstag in Berlin. Die Lage sei derzeit „angespannt“, die Versorgungssicherheit aber gewährleistet.

„Wir haben in Deutschland eine Störung der Gasversorgung“, sagte der Minister. Daher sei es erforderlich, die zweite von drei Stufen im Notfallplan auszurufen. Die dritte wäre die Notfallstufe, dann erst darf der Staat in den Markt eingreifen.

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„Wir sind in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut“, sagte Habeck weiter. „Alle Verbraucherinnen und Verbraucher – sowohl in der Industrie, in öffentlichen Einrichtungen wie in den Privathaushalten – sollten den Gasverbrauch möglichst weiter reduzieren, damit wir über den Winter kommen.“

Laut dem Plan liegt bei der Alarmstufe eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt. Der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen. Die Ausrufung steht im Zusammenhang mit der starken Drosselung der russischen Gaslieferungen seit vergangener Woche. Die Frühwarnstufe als erste Stufe des Plans hatte Habeck Ende März ausgerufen.

Gas-Streit: Habeck wirft Putin „ökonomischen Angriff“ vor

Versorgungsunternehmen sollen noch keine Möglichkeit erhalten, ihre Gaspreise nach dem Energiesicherungsgesetz zu erhöhen. Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein: Zum einen müssen Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen worden sein. Zum anderen muss die Bundesnetzagentur auf dieser Grundlage eine „erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland“ festgestellt haben. Diese Feststellung muss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Erst dann dürfen die Unternehmen die Preise auf ein „angemessenes Niveau“ erhöhen.

Habeck erklärte am Donnerstag: „Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen.“ Das werde sich auf die Industrieproduktion auswirken und für viele Verbraucher eine große Last werden. „Es ist ein externer Schock.“ Er warf Russlands Präsident Wladimir Putin einen „ökonomischen Angriff“ vor.

Gas-Krise: Privathaushalte sollen Gas-Heizungen warten lassen

Habeck forderte überdies wegen der Gaskrise Privathaushalte auf, Heizungsanlagen zu warten. „Es macht Sinn, die Heizung vernünftig einzustellen“, sagte Habeck am Donnerstag in Berlin. Dadurch seien Einsparungen von 15 Prozent möglich. „Wir sind also jetzt gehalten, die Gasverbräuche zu reduzieren.“ Habeck sprach von einer „trügerischen Sicherheit“ im Sommer. „Aber der Winter wird ja kommen. Wir müssen also jetzt die Vorsorge treffen, um im Winter vorbereitet zu sein.“

Habeck: Hoffentlich nie Gas-Rationierung für Industrie

Habeck will in der aktuellen Gaskrise Rationierungen für die Industrie nach Möglichkeit vermeiden. „Das soll nicht passieren, in keinem Monat im besten Fall“, sagte der Grünen-Politiker, fügte aber hinzu: „Ich kann es natürlich nicht ausschließen, weil es so voraussetzungsreich ist, was wir tun. Aber es ist kein Szenario, auf das wir hinarbeiten – im Gegenteil.“

Alle Maßnahmen seien darauf ausgerichtet, die Marktkräfte so weit wie möglich wirksam zu halten und andere Alternativen zu schaffen, sagte Habeck. Es gehe darum, Einsparungen vorzunehmen, auf andere Energieträger auszuweichen und die Infrastruktur auszubauen, „um dieses Szenario abzuwenden“.