Sachverständigenrat verschiebt Corona-Gutachten
Diese Evaluation sollte eigentlich heute kommen. Jetzt verschiebt sich die Veröffentlichung um mindestens einen Tag.

Das mit Spannung erwartete Gutachten des Sachverständigenrats zu den bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen soll erst am Freitag veröffentlicht werden. Das teilte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin mit. Aus den Ergebnissen des Berichts wolle man anschließend „so schnell wie möglich“ Konsequenzen für die Maßnahmen im kommenden Herbst ziehen. Eigentlich wollte der Sachverständigenrat seine Corona-Evaluation am heutigen Donnerstag vorstellen. Doch der Bericht ist offenbar noch nicht fertig.
Die aktuellen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23. September aus. Eckpunkte für das weitere Vorgehen sollen nach den Worten des Ministeriumssprechers noch vor der parlamentarischen Sommerpause vorgestellt werden. Die Verabschiedung des überarbeiteten Gesetzes ist dann nach dem Ende der Sommerpause im September vorgesehen.
Ist es „problemlos möglich“, ein Gesetz zu entfristen?
Aus dem Sachverständigenausschuss zur Evaluation der Corona-Maßnahmen kommt unterdessen die Forderung nach einer schnellen Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes. Die notwendige Reform könne „handwerklich nicht gut werden, wenn man die Sommerpause verstreichen lässt und erst im September den Stift in die Hand nimmt“, sagte die Juristin Andrea Kießling, die dem Gremium angehört, der Zeit.
Und weiter: „Wenn ich ein Gesetz befriste, dann weiß ich doch zu dem Zeitpunkt, an dem ich es verabschiede, dass es befristet ist, und könnte eigentlich sofort daran arbeiten, es besser zu machen als beim letzten Mal“, sagte die Juristin. Nach ihrer Ansicht sei es „problemlos möglich“, das Gesetz zu entfristen und Regelungen für Sommer und Winter hineinzuschreiben.
Teile des Infektionsschutzgesetzes sind bis zum 23. September befristet - insbesondere der Passus zu den möglichen Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Gespräche darüber, wie es nach Fristende weitergehen soll, wurden von der FDP bisher mit dem Argument abgelehnt, dass zunächst der Evaluierungsbericht des Sachverständigenausschusses abgewartet werden müsse. Kießling äußerte sich kritisch dazu, dass überhaupt eine Befristung im Gesetz steht. „Wenn man sich unter Zeitdruck immer wieder neu einigen muss, dann müssen die Koalitionspartner nachgeben: ‚Gut, dann machen wir halt nur Maßnahme A, statt auch B, C und D, bevor wir gar keine Rechtsgrundlage mehr haben‘“, sagte sie.
Ursprünglich habe die Ampel-Regierung angekündigt, die zentralen Vorschriften zur Epidemiebekämpfung im Infektionsschutzgesetz zu reformieren, sagt Kießling, die einen 900 Seiten starken Kommentar zu dem Gesetz herausgegeben hat. „Jetzt sieht man: Wir werden wieder nur punktuelle Regelungen haben und keine, die das Gesetz zukunftsfest macht, sodass man die Vorschriften auch auf Sars-CoV-3 anwenden könnte oder auf einen anderen neuen Erreger.“
Lindner: „Freiheitseinschränkungen pauschal sollte es nicht mehr geben“
Bundesjustizminister Marco Buschmann will erst nach der geplanten wissenschaftlichen Beurteilung der Corona-Schutzmaßnahmen über die Regeln für den Herbst entscheiden. Dass die derzeit geltende Fassung des Infektionsschutzgesetzes am 23. September auslaufe, sei kein zufällig gewähltes Datum, sagte der FDP-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Das Datum sei so gewählt, „dass wir nach der Sommerpause zwei Sitzungswochen des Deutschen Bundestages haben, um ein ganz geordnetes, reguläres Gesetzgebungsverfahren zu durchlaufen.“
Das habe die Bundesregierung auch mit der Ministerpräsidentenkonferenz besprochen. „Warum jetzt einige meinen, dieser Fahrplan sei nichts mehr wert, das verstehe ich nicht.“ FDP-Chef Christian Lindner hatte ebenfalls deutlich gemacht, zunächst die wissenschaftliche Evaluierung abwarten zu wollen. Er argumentierte: „Ich beteilige mich jetzt nicht an der Diskussion über einzelne Maßnahmen, denn dann würde ich ja ein Wissen mir anmaßen, das man noch gar nicht haben kann“.
Klar sei dabei für ihn: „Freiheitseinschränkungen pauschal sollte es nicht mehr geben.“
