Berlin-Bei eisigen Temperaturen hat Berlin seine Hilfsangebote für Menschen ohne festen Wohnsitz aufgestockt. Etwa 50 Menschen aus dem Obdachlosencamp an der Rummelsburger Bucht wurden in der Nacht zum Sonnabend in einer geheizten Traglufthalle untergebracht, teilte Lichtenbergs stellvertretender Bürgermeister Kevin Hönicke (SPD) der Deutschen Presse-Agentur mit. Er sprach von einer bedrohlichen Lage angesichts von Kälte und Schnee für Menschen auf der Straße.
Die Senatsverwaltung für Soziales unterstützte die Aktion nach eigenen Angaben. Der Bezirk habe um Amtshilfe gebeten, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Unterbringung und Betreuung seien dann zusammen mit der Stadtmission und dem Verein Karuna organisiert worden.
Das Camp sei geschlossen worden. Ein neuer Bezug solle wegen der Minusgrade verhindert werden, sagte Hönicke. Den Bewohnern sei seit Freitag Zeit gegeben worden, ihre Sachen zusammenzupacken. Diese konnten auch mitgenommen werden. „Auch Hunde durften mit umziehen.“ Einige der Camp-Bewohner, laut Hönicke zumeist Bulgaren, hätten aber nicht in die feste Unterkunft gewollt.
Auf der Brache an der Rummelsburger Bucht leben die Menschen in Zelten und anderen Unterkünften. Bei der Obdachlosenzählung in Berlin vor einem Jahr war es der Ort mit den meisten Obdachlosen: 81. Erst danach folgte die Gegend am Bahnhof Zoo mit 71 im Freien lebenden Menschen. Bei einer Begehung am Donnerstag seien an der Rummelsburger Bucht 40 bis 50 Zelte gezählt worden, sagte Hönicke. Das Areal ist Bauland. Dort sollen Wohnungen und die Touristen-Attraktion „Coral World“ entstehen. Am Freitagabend waren auch Sozialarbeiter an dem Camp sowie Polizei.
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Gegen den Schritt des Bezirks Lichtenberg protestierten am Sonnabend nun Dutzende Menschen: Linke Gruppen hatten zum Protest am Ostkreuz aufgerufen und forderten, dass die ehemaligen Bewohner des Camps dorthin zurückkehren dürfen. Anwesende sprachen von 80 bis 100 Teilnehmern, ein Polizeisprecher konnte am frühen Nachmittag noch keine Zahl nennen. In einer Mitteilung der Protestierenden hieß es: „Die kälteste Woche des Jahres bei Temperaturen von minus zwölf Grad steht bevor, Corona-Inzidenzzahlen sind nach wie vor hoch, und die Berliner Polizei und Politik hat nichts Besseres zu tun, als den Ärmsten der Armen ihre Unterkunft, Feuerstellen und Besitz wegzunehmen.“
Indes hat die Sozialverwaltung weitere zusätzliche Unterkünfte organisiert, damit Menschen nicht bei klirrender Kälte draußen übernachten müssen. In einem Hostel an der Boxhagener Straße in Friedrichshain stehen ab Sonnabend um 18 Uhr rund 100 Betten Tag und Nacht zur Verfügung. Zudem öffnet am Sonntag auf dem Gelände der früheren Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Reinickendorf eine Einrichtung mit 100 Plätzen. Die Anzahl soll ab Dienstag auf 200 erhöht werden.
Ein Hostel an der Köpenicker Straße in Kreuzberg erweitert seine Kapazität von 100 Plätzen um weitere 20, darunter auch für obdachlose Rollstuhlfahrer.
Laut Angaben der Sozialverwaltung gibt es in den Einrichtungen der Kältehilfe aktuell 1090 Notübernachtungsplätze. In der Stadt sind demnach auch fünf Busse mit Sozialarbeitern unterwegs, um obdachlose Menschen zu unterstützen und sie in Einrichtungen zu bringen.
Wer vermute, dass eine Person unter Kälte leidet, sollte diese höflich ansprechen und fragen, ob Hilfe gewünscht wird, hieß es. Es könne jetzt lebensgefährlich werden, draußen zu schlafen. „Sehen Sie bitte nicht weg, wenn Sie eine Erfrierungsgefahr vermuten“, bat die Senatsverwaltung die Berliner. Gewählt werden sollten in solchen Fällen die Notnummern 110 (Polizei) oder 112 (Feuerwehr/Rettungsdienst).
Laut Deutschem Wetterdienst sollen die Temperaturen nachts auf Werte von bis zu minus elf Grad sinken. Zudem wird heftiger Schneefall erwartet.

