Lieferando: Kuriere wählen Betriebsrat in Berlin

Arbeitnehmer von Lieferando haben in der Hauptstadt einen Betriebsrat gewählt. Wahlvorstand und Unternehmen äußern sich.

Ein Fahradbote vom Lieferdienst Lieferando.de fährt durch die Innenstadt.
Ein Fahradbote vom Lieferdienst Lieferando.de fährt durch die Innenstadt.dpa/Jan Woitas

Lieferando-Kuriere in Berlin haben einen Betriebsrat gewählt. Wie die Wahlleitung mitteilte, konnten an der siebentägigen Wahl, die am 2. August begann, alle Kurierfahrer des Berliner Lieferdiensts teilnehmen. Gewählt haben 200 der knapp 1400 Angestellten.

Zur Auswahl standen zwei Listen. Zum einen die „Lieferando Workers Collective (LWC)“, eine Liste unabhängiger Arbeiter sowie die „Drivers and Riders Unite!“, die Liste der Gewerkschaft NGG.  131 Stimmen gingen an die Liste des Lieferando Workers Collective, 68 Stimmen an die NGG-Liste. Der Betriebsrat werde 17 Mitglieder haben, elf der Plätze gehen an die Liste 1 (LWC), sechs Plätze an die Liste 2 (NGG).

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Wahlleitung klagt perfide Management-Taktiken an

Lieferando habe im Vorfeld erfolglos versucht, die Betriebsratswahl gerichtlich zu beeinflussen. Die Geschäftsführung habe erzwingen wollen, dass 24 „Office Mitarbeiter“, einige von ihnen in führenden Positionen, auf die Wählerliste aufgenommen werden müssten. Zudem habe das Management Klage auf Abbruch der Betriebsratswahl eingereicht, welche ebenfalls abgewiesen worden sei, heißt es weiter.

Dazu sagte ein Mitglied des Wahlvorstands: „Die Ziele der Klagen widersprechen sich und schließen sich gegenseitig aus. Entweder eine Wahl wird korrigiert oder sie wird abgebrochen. Beides zu beantragen lässt ein anderes Ziel vermuten: Betriebsratsbehinderung noch bevor dieser existiert! Union Busting wird leider immer brutaler und damit häufiger ins Vorfeld der eigentlichen Betriebsratsarbeit verlegt. Es spielt sich damit schon während oder vor Betriebsratswahlen ab. Also in einem sehr sensiblen Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes und der Demokratie in Betrieben. Arbeiter*innen, die sich für Mitbestimmung im Betrieb einsetzen, sind der Willkür des Managements ohne effektiven Schutz ausgesetzt.“

Vorwurf: Wahlvorstand behindert

Der Begriff „Union Busting“ kommt aus dem englischen Sprachraum und bedeutet: „Gewerkschaften sprengen, bekämpfen, kaputtmachen“. Gemeint ist damit, ein systematisches Vorgehen gegen gewerkschaftliche Interessenvertretungen.

Das gelte auch für Lieferando in Berlin. Der Wahlvorstand sei in seiner Arbeit wiederholt durch den Arbeitgeber behindert worden, beispielsweise durch unzureichende Büroräume, Bereitstellung von fehlerhaften Mitarbeiterlisten und Druck auf Mitglieder des Wahlvorstands. Diese seien nicht rechtmäßig entlohnt worden, klagte der Wahlvorstand.

Der Arbeitgeber Just Eat Takeaway GmbH widerspricht der Darstellung des Wahlvorstands. Man habe die Betriebsratswahl in Berlin sowie deren Wahlvorstände umfassend unterstützt, teilt das Unternehmen mit.

Lieferando gibt Statement zu Vorwürfen des Wahlvorstands ab

Zum Vorwurf des Wahlvorstands, das Unternehmen habe den Wahlvorstand wiederholt behindert, sagte der Kommunikationsmanager: „Die Unterstützung ging nicht nur finanziell deutlich über den vorgeschriebenen Umfang hinaus, zumal der Geschäftsführung eine professionelle Durchführung der Wahl mit einer hohen Wahlbeteiligung wichtig war. Beispielsweise hatte Lieferando der Einberufung eines unüblich großen Wahlvorstands stattgegeben, bestehend aus elf Wahlvorständen sowie sechs Ersatzmitgliedern - gegenüber nur drei Wahlvorständen für die Wahl am anderen Berliner Standort. Die Wahlvorstände wurden für die Organisation der Wahl entlohnt freigestellt, haben alleine im ersten Halbjahr ihrer Arbeit mehr als 5.000 Arbeitsstunden dafür abgerechnet. Lieferando hatte ihnen entsprechend der Vorstandsgröße umfassende Räumlichkeiten und Technik bereitgestellt, bei beidem auch unübliche Sonderwünsche erfüllt wurden. Mitarbeiterlisten wurden kurzfristig binnen nur zwei Tage übergeben. Ausgaben für externe Schulungen, Fachliteratur sowie die Erstellung von Wahlmaterial und andere Auslagen wurden erstattet.“

Anmerkung der Redaktion: Wir haben das Statement des Arbeitgebers, der den Vorwürfen der Wahlleitung widerspricht, nachträglich hinzugefügt.