Corona: Machen Ungeimpfte auf Intensivstationen falsche Angaben?
49,1 Prozent aller Covid-Intensivpatienten sind zweifach geimpft oder haben den Booster. Doch stimmen die Angaben der Erkrankten bei der Klinikaufnahme?

Wie viele Covid-Patienten auf den deutschen Intensivstationen sind geimpft und ungeimpft? Machen die ungeimpften Patienten falschen Angaben, weil sie sich eine bessere Behandlung erhoffen? Um diese Fragen gibt es immer wieder Streit. Seit Mitte Dezember 2021 wird – auch deswegen – im Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) der Impfstatus von neu aufgenommenen Covid-19-Patienten auf Intensivstationen erfasst.
Für den Zeitraum vom 17.Januar bis 13. Februar wurde in Deutschland der Impfstatus von 4.702 Covid-19-Aufnahmen gemeldet, das entspricht etwa 83,6 Prozent aller Corona-Patienten. So steht es im aktuellen Wochenbericht des RKI. Ergebnis: 37,9 Prozent aller Covid-Patienten waren ungeimpft. 13 Prozent hatten einen unvollständigen Impfschutz. 49,1 Prozent aller Covid-Patienten hatten bereits die vollständige Impfung oder sogar schon die Booster-Impfung.
Es gibt also derzeit in absoluten Zahlen fast so viele geimpfte Patienten auf den Intensivstationen wie Patienten ohne vollständigen Impfschutz. Mediziner weisen aber immer wieder darauf hin, die Zahlen im Verhältnis zu betrachten. Der prozentuale Bevölkerungsanteil an Ungeimpften in Deutschland sei wesentlich geringer. Der Anteil der Geimpften sei wesentlich höher. Deswegen würden auch mehr Geimpfte in die Klinik kommen. Im Verhältnis zu allen Ungeimpften sei der Anteil derer, die ins Krankenhaus müssen, eben sehr hoch. So lautet die Argumentation von sehr vielen Ärzten.
Arzt: Wir vermuten, dass Impfnachweise nicht in jedem Fall echt sind
Doch kommt der hoher Anteil an geimpften Patienten auch zustande, weil Ungeimpfte falsche Angaben bei der Klinik-Aufnahme machen? Die Berliner Zeitung befragte mehrere Ärzte. Ein Oberarzt aus dem Raum Bayern sagte: „Bei einigen Patienten vermuten wir schon, dass ihre Impfnachweise nicht echt sein könnten und dass sie nicht geimpft sind. Deswegen machen wir nun immer einen Antikörpertest bei jedem, der zur Tür reinkommt.“
Laut der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) ist das Problem, dass Ungeimpfte falsche Angaben machen, dennoch nicht signifikant bekannt. Solche Berichte oder konkrete Fälle von Betrug kenne man schlicht nicht. Gänzlich ausschließen könne man in dem einen oder anderen Krankenhaus einen Betrug aber nie, heißt es von der Vereinigung.
Auf Anfrage der Berliner Zeitung heißt es dazu von der Divi: „Intensivpatienten sind in der Mehrzahl nicht ansprechbar, vielleicht im künstlichen Koma, und können nicht mehr für sich sprechen. Sollten Sie vorher nicht bereits in der Klinik behandelt worden seien, müssen also Angehörige Angaben zum Impfstatus machen.“
Da für die Behandlung des Patienten an sich der Impfstatus auch keine Rolle spiele, würden die Intensivmediziner vor Ort auch nicht alle Hebel in Bewegung setzen, den Impfstatus auf anderen Wegen zu erfahren, als im Gespräch mit dem Patienten, einem Blick auf den Impfpass oder auf eine App oder im Gespräch mit Angehörigen, teilt die Divi weiter mit.
Aber: Auch ein Impfpass sei nicht immer fälschungssicher, heißt es in der Antwort. Eine Alternative für die Mediziner, um auf Nummer sicher zu gehen, ist ein Antikörpertest. „Einige Kliniken sind bereits dazu übergegangen bei jedem Patienten auf der Intensivstation den Antikörperstatus zu bestimmen“, erklärt die Vereinigung. Da aber auch ungeimpfte Infizierte Antikörper im Blut haben, sei aber auch diese Methode zur Bestimmung des Impfstatus nicht hundertprozentig sicher. „Alle Patienten auf der Intensivstation haben bereits Antikörper im Blut.“
