Warnstreiks in Kitas: Verdi droht mit Eskalation, Zehntausende auf den Straßen

Familien in vielen Regionen Deutschlands hatten am Mittwoch Probleme mit der Kinderbetreuung. In fast allen Bundesländern wurde gestreikt. 

Köln: Erzieherinnen im Sozial- und Erziehungsdienst im öffentlichen Dienst beteiligen sich an einem Warnstreik der Gewerkschaft Verdi. 
Köln: Erzieherinnen im Sozial- und Erziehungsdienst im öffentlichen Dienst beteiligen sich an einem Warnstreik der Gewerkschaft Verdi. Roberto Pfeil/dpa

Berlin/Potsdam/Schwerin-An den Warnstreiks in Kitas und sozialen Einrichtungen haben sich am Mittwoch nach Angaben der Gewerkschaft Verdi etwa 70.000 Beschäftigte beteiligt. Einer Sprecherin zufolge gab es Arbeitsniederlegungen in fast allen Bundesländern – bis auf Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, wo der Internationale Frauentag ein Feiertag ist. Verdi hatte zu den Aktionen aufgerufen, um im laufenden Tarifkonflikt für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen Druck zu machen.

Betroffen waren auch Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und Kliniken. Schwerpunkt sollte am Frauentag aber bewusst der Bereich soziale Arbeit sein, da in Kitas, Jugendämtern oder Beratungsstellen 83 Prozent der Beschäftigten Frauen seien, hieß es von Verdi. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft auch mit Blick auf die hohe Inflation 10,5 Prozent mehr Lohn für die etwa 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Mindestens soll es aber 500 Euro mehr geben.

In Brandenburg sollten wegen des Warnstreiks am Mittwoch mehr als 100 Kitas geschlossen bleiben. In Königs Wusterhausen ist eine zentrale Warnstreik-Aktion für Brandenburg geplant, bei der sich Beschäftigte aus fünf Städten und zwölf Ortschaften in Brandenburg beteiligen können. Laut Verdi werden an diesen Orten rund 110 Kitas betroffen sein, bei denen es zu Betriebseinschränkungen oder Schließungen kommen kann.

Am zweiten Aktionsort in Hennigsdorf ist geplant, dass Menschen aus neun Städten, zwei Kreisverwaltungen und vier Gemeinden im Warnstreik sind. Dort wird auch die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, erwartet. 

Eltern sollten Ersatz für Kinderbetreuung suchen

Auch in anderen Regionen dürften Warnstreiks besonders Familien treffen. Warnstreiks in Kitas und sozialen Einrichtungen gibt es auch in Niedersachsen und Bremen sowie in Sachsen-Anhalt. Auch in Sachsen sind vor allem Beschäftigte von Kindergärten und Horten zum Streik aufgerufen, etwa in Dresden und Chemnitz. Ein Verdi-Sprecher empfahl Eltern, frühzeitig das Gespräch mit ihren Arbeitgebern wegen eines möglichen Ausfalls der Kinderbetreuung zu suchen.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) kritisierte den Streikaufruf. Dass nun wieder Kita-Einrichtungen mit Streiks überzogen würden, zeige, dass die Gewerkschaften Tarifpolitik auf Kosten der Eltern und jungen Familien austragen, sagte VKA-Präsidentin Karin Welge. Bis zur voraussichtlich entscheidenden Runde der laufenden Tarifauseinandersetzung für den öffentlichen Dienst Ende März dürfte es weitere Warnstreiks geben.

Tarifverhandlungen für Angehörige Tausender verschiedener Berufe

Die Warnstreiks in dem Tarifkonflikt dauern bereits seit Wochen an. Zu den bisherigen Höhepunkten zählten Ausstände im öffentlichen Nahverkehr in vielen Städten in ganz Deutschland, zu denen Verdi im Schulterschluss mit den Klimaaktivisten von Fridays for Future aufgerufen hatte. Arbeitsniederlegungen von Kommunalbeschäftigten hatten auch die Flughäfen Düsseldorf sowie Köln/Bonn weitgehend lahmgelegt.

Betroffen von den Tarifverhandlungen sind Angehörige Tausender verschiedener Berufe – neben Erzieherinnen und Busfahrern unter anderem Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Krankenschwestern, Verwaltungsangestellte, Altenpflegerinnen, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärzte. Viele Angehörige dieser Berufsgruppen hatten sich bereits an den Ausständen beteiligt. Angesichts der hohen Inflation fordern Verdi und der Beamtenbund dbb 10,5 Prozent mehr Lohn. Mindestens soll es für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten der Kommunen und des Bundes aber 500 Euro mehr geben.

Verdi weist Arbeitgeber-Angebot als viel zu gering zurück

Ein Angebot der Arbeitgeber in der jüngsten zweiten Verhandlungsrunde hatten die Gewerkschaften als viel zu gering zurückgewiesen. Verdi-Chef Frank Werneke hatte seither mehrfach auf die Möglichkeit eines Scheiterns der Verhandlungen hingewiesen.

Gewerkschaft und Arbeitgeber lägen weit auseinander, sagte Werneke am Dienstag in Schwerin. Mit Blick auf die dritte Verhandlungsrunde Ende März sagte er: „Es ist aus meiner Sicht vollkommen offen, ob wir zu einem Ergebnis kommen oder ob dann der Zeitpunkt ist, wo wir über das Scheitern der Verhandlungen entscheiden müssen.“ In dem Fall werde Verdi den Weg der Urabstimmung einleiten. Weitere Ausstände wären die Folge – dann als Erzwingungsstreiks.