Zum frühen Tod des Berliner Schauspielers Robert Gallinowski
Robert Gallinowski überzeugte als gebrochener Fiesling in Genre-Filmen und konnte ebenso empfindsame Bühnenrollen spielen. Er wurde nur 53 Jahre alt.

Der Schauspieler Robert Gallinowski brauchte den großen Auftritt nicht, um in einer magnetischen Mischung aus Präsenz, Erotik und Charakter die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und sich ins Gedächtnis seines Publikums zu spielen. Das lag vor allem auch an seinem Gesicht, in dem er jede einzelne Faser seiner mimetischen Muskulatur zu kontrollieren schien, eine Fähigkeit, die es ihm ermöglichte, Stimmung und Charakter seiner Figuren in einem halben Satz durchmarschieren und ansatzlos wechseln zu lassen.
Man konnte zusehen, wie sich ein schöner selbstbewusster Mann mit sanften zugewandten Zügen in einen stumpfen Schläger verwandelte, wie in einen verquollenen Säufer das Leben eines von Poesie durchpulsten Melancholikers fuhr. Er spielte vor allem die Antihelden, müde, aber nie ganz herzlose Fieslinge, Figuren mit gebrochenen Biografien. Selbst in seinen kaltschnäuzigsten und kaputtesten Typen glommen Funken von Empfindsamkeit und Verletzbarkeit.
Seine Kraft und seiner Erschütterbarkeit wiesen ihn als einen Künstler aus, der sich nicht nur als Schauspieler ausdrückte, sondern auch malte, Gedichte schrieb und seinen Geist mit Zen-Meditation pflegte. Nun ist Robert Gallinowski, wie seine Agentur am Dienstagabend mitteilte, im Alter von nur 53 Jahren überraschend gestorben. Zur Todesursache wurde nichts bekannt.
Meisterschüler von Angela Winkler
Gallinowski ist 1969 in Aachen geboren und kam 1990, kurz nach der Wende, nach Ost-Berlin an die von den Traditionen des DDR-Theaters geprägten Ernst-Busch-Schauspielschule, zeitgleich ließ er sich als Meisterschüler von Angela Winkler ausbilden, die ein Star des westdeutschen Theaters ist. Gallinowski wird festgestellt haben, dass auf allen Seiten mit Wasser gekocht wurde und es gar nicht nötig ist, sich zu entscheiden, wenn man seine Eigenständigkeit sucht und entfaltet.
Er debütierte 1992 am Deutschen Theater, fand hier eine künstlerische Heimat und seine Frau Dagmar Manzel, mit der er bis 2016 verheiratet war. Seine Theaterkarriere führte ihn nach Bonn, ans Hamburger Schauspielhaus, das Bayrische Staatsschauspiel, zu den Hersfelder Festspielen und immer wieder auch an die Theater Berlins, wo er bis zuletzt lebte.
Sein wandelbares Gesicht und seine Freude an der ausgefeilten darstellerischen Wirkung prädestinierten ihn auch für das Spiel vor der Kamera. Selbst Krimiformate des deutschen Fernsehens wie „Tatort“, „Der Dicke“, „Polizeiruf 110“, „Balko“ oder „Wolffs Revier“ bekamen durch Gallinowski, der meist als Verbrecher auftrat, eine amerikanische Aura mit intensiven Einsprengseln des Film noir. In „Kleo“, der brutalen Stasi-Komödie auf Netflix, bringt er als wilhelminischer Polizeichef die Verfolger der von Jella Haase gespielten Stasi-Rächerin auf Zack.
Robert Gallinowski konnte den Komödianten, ein Genre-Vollblut oder eine seelisch durchgestufte Tschechow-Figur geben und blieb doch in der immer erkennbaren Lust am Tun und Gelingen er selbst. Das machte ihn zu einer seltenen Erscheinung auf deutschen Bühnen und Bildschirmen. Dort fehlt er nun.