Inmitten des russischen Angriffskriegs ist der Chef der Gebietsverteidigung der südostukrainischen Großstadt Dnipro nach eigenen Angaben während einer Auslandsreise ausgebürgert worden. „Ich kann mit keinem Dokument einreisen. Von der Sache her stecke ich hier im Grenzgebiet fest“, sagte Hennadij Korban ukrainischen Medien am Freitag.
Er befinde sich weiter am Grenzkontrollpunkt. Da ihm sein ukrainischer Reisepass abgenommen worden sei, könne er auch nicht nach Polen zurück. Korban hatte zuletzt öffentlich über fehlende Unterstützung aus Kiew geklagt und damit indirekt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kritisiert.
Korban erhielt ukrainischen Orden „für Tapferkeit“
Das Büro von Präsident Selenskyj kommentierte den Vorgang zunächst nicht. Der 52-jährige Korban, der 2014 einen ukrainischen Orden „für Tapferkeit“ erhalten hatte, soll über US-Kontakte auf die Entlassung des Chefs des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, gedrängt haben. Diesem wiederum werden seit Längerem zu enge Verbindungen zu Russland vorgeworfen. In ukrainischen Medien wird seit Tagen über ein vermeintliches Geheimdekret von Präsident Selenskyj spekuliert, dem zufolge schon mindestens zehn Ukrainern die Staatsbürgerschaft entzogen worden sein soll, weil sie angeblich noch eine zweite Staatsbürgerschaft besaßen.
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Korban war eigenen Angaben zufolge vergangene Woche kurz zu seiner Familie ins Ausland gereist. Bei der Organisation der Verteidigung des Gebietes Dnipropetrowsk spielt er eine zentrale Rolle.
Korban wurde in der Ukraine als Straftäter verurteilt
Korban rückte Jahre zuvor trotz seiner Verdienste für die Ukraine ins Visier der Ermittlungsbehörden. Er war von 2014 bis 2015 unter dem Gouverneur der Oblast Dnipropetrowsk Ihor Kolomojsky dessen Stellvertreter. Am 31. Oktober 2015 wurde er wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Außerdem wurde gegen ihn wegen Unterschlagung und Veruntreuung ermittelt. Er kam in Haft, woraufhin er Anfang 2016 er als Vorsitzender Partei „UKROP“ abgesetzt wurde.
Ausbürgerungen während Auslandsreisen waren zu Sowjetzeiten gängige Praxis. In der Ukraine griff Selenskyjs Vorgänger Petro Poroschenko im Kampf gegen politische Gegner auch auf dieses Mittel zurück und bürgerte so etwa den georgischen Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili aus. Unter Selenskyj erhielt dieser die ukrainische Staatsbürgerschaft allerdings wieder zurück.
