Neue Studie: Hartz IV schützt nicht vor Armut
Betroffenen fehle es vor allem an Geld für gesundes Essen und an gesellschaftlicher Teilhabe, so der Paritätische Gesamtverband.

Berlin-Hartz IV in seiner jetzigen Form bewahrt dem Paritätischen Gesamtverband zufolge nicht vor einem Leben in Armut. Zu diesem Schluss kommt die Forschungsstelle des Sozialverbands. Hartz-IV-Empfängern fehle es in erster Linie an Geld für eine ausgewogene Ernährung sowie – entgegen rechtlicher Vorgaben – an Teilhabe am sozialen, politischen und kulturellen Leben.
„Hartz IV schützt nicht vor Armut, sondern manifestiert sie. Millionen Menschen sind von der gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung abgekoppelt, ausgegrenzt und werden immer weiter abgehängt“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.
In der Corona-Krise bedeute Hartz IV Existenznot
Der Verband kritisiert, die Bundesregierung sei nicht bereit, die finanzielle und soziale Lage dieser Menschen zu verbessern. Gerade in der derzeitigen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV Existenznot. Nötig sei daher nicht nur grundsätzlich eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze, sondern auch sofortige finanzielle Hilfe: eine Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat bis zur gesetzlich vorgeschriebenen Neufestsetzung der Regelsätze zum 1. 1. 2021.
Zudem brauche es eine Einmalzahlung an alle Bezieher von Grundsicherung von 200 Euro sowie eine entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz. Mit Blick auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Ermittlung des sogenannten Regelbedarfs sagte Hauptgeschäftsführer Schneider, es dürfe nicht sein, dass Armut in Deutschland für weitere fünf Jahre „regierungsamtlich festgeschrieben“ werde.
„Anstatt sich hinter umstrittenen Statistiken zu verstecken, sollte sich die Politik endlich den Menschen zuwenden“, so Schneider. Starken Nachholbedarf gibt es laut Studie insbesondere bei den Leistungen für alleinstehende Erwachsene, diese hätten sich seit 2010 anhaltend verschärft. Bei dieser Gruppe müsse man bereits von „strenger Armut“ sprechen.
Große Probleme hätten zudem Alleinerziehende, nicht nur solche, die Hartz IV beziehen. Bei Singles sei die Gefahr von Einsamkeit und sozialer Isolierung am stärksten ausgeprägt, mehr als ein Viertel aller Haushalte mit Hartz-IV-Bezug in dieser Gruppe könne sich nicht einmal einen Internetanschluss leisten.