Eigentlich sollte am Mittwoch der Verteidiger des 101 Jahre alten Josef S. plädieren, einen Tag später das Urteil gegen den mutmaßlichen einstigen SS-Wachmann des Konzentrationslagers Sachsenhausen fallen. Doch die Termine müssen aufgehoben werden, teilte das Landgericht Neuruppin am Dienstag mit. Josef S. sei akut erkrankt. Wann und ob die Verhandlung weitergeführt werden kann, sei noch unklar.
Josef S. muss sich derzeit wegen tausendfacher Beihilfe zum Mord verantworten. Er soll von 1942 bis 1945 als Wachmann im KZ Sachsenhausen eingesetzt und damit Teil der Vernichtungsmaschinerie gewesen sein. Josef S. hatte in dem seit Oktober vorigen Jahres laufenden Prozess bestritten, jemals in Sachsenhausen Dienst getan zu haben.
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Die Staatsanwaltschaft sieht es jedoch als erwiesen an, dass der hochbetagte Angeklagte damals SS-Wachmann in dem zu Oranienburg gehörenden Konzentrationslager Sachsenhausen war. Dokumente mit dem Namen des Angeklagten, dessen Geburtsdatum und dem Geburtsort würden das belegen.
In seinem Plädoyer hatte Oberstaatsanwalt Cyrill Klement die Vorwürfe für erwiesen gehalten und für den Angeklagten wegen Beihilfe zum tausendfachen Mord eine Haftstrafe von fünf Jahren gefordert. Die Nebenkläger hatten keine konkreten Anträge gestellt.
Josef S. ist der bisher älteste und zudem einer der letzten mutmaßlichen Verbrecher des Naziregimes, die 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Verantwortung gezogen werden können.