Pulitzer-Preisträger: USA sprengten Nord-Stream-Pipelines

Der Starjournalist Seymour Hersh behauptet, US-Taucher hätten mit Hilfe von Norwegen Sprengsätze an den Gaspipelines angebracht. Joe Biden sei involviert gewesen.

Nach den Explosionen in der Ostsee tritt Gas aus dem Leck an der Pipeline Nord Stream.
Nach den Explosionen in der Ostsee tritt Gas aus dem Leck an der Pipeline Nord Stream.AFP/Dänisches Militär

US-Starjournalist Seymour Hersh will heraufgefunden haben, dass die USA für den Anschlag auf die Gaspipelines in der Ostsee verantwortlich sind. Damit stützt er den Verdacht von US-Ökonom Jeffrey Sachs. Das Weiße Haus hat daraufhin am Mittwoch den Bericht des bekannten Pulitzer-Preisträgers Hersh zurückgewiesen, wonach die USA im vergangenen September die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee gesprengt haben sollen.

„Das ist völlig falsch und eine vollkommene Erfindung“, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Adrienne Watson, am Mittwoch. Ein Sprecher des Auslandsgeheimdienstes CIA erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: „Diese Behauptung ist völlig und vollkommen falsch.“

Hersh hatte zuvor berichtet, US-Marinetaucher hätten im vergangenen Juni bei einer vom Weißen Haus angeordneten und von der CIA geplanten verdeckten Operation mit Hilfe Norwegens Sprengsätze an den Gaspipelines angebracht. Die Sprengsätze seien dann im September ferngezündet worden.

Joe Biden wollte angeblich Export von russischem Erdgas verhindern

Präsident Joe Biden habe damit verhindern wollen, dass Russland weiter Milliarden mit dem Export von Erdgas verdiene, schreibt der Gewinner des renommierten Pulitzer-Preises weiter. Die USA hätten die Pipelines auch als Druckmittel des Kreml gegenüber Deutschland und Westeuropa angesehen, das einen Beistand des Westens für die Ukraine schwächen könnte. Die Idee für eine Zerstörung der Pipelines soll demnach schon im Dezember 2021 entstanden sein.

Hersh, eine 85-jährige Reporterlegende, beruft sich in seinem Bericht auf eine einzige Quelle. Er veröffentlichte den Bericht auf seinem Blog und nicht in einem großen US-Medium. Wie die US-Regierung erklärte auch das norwegische Außenministerium am Mittwoch, der Bericht sei „falsch“.

Insgesamt vier Explosionen hatten im September in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Nach Angaben Schwedens steckt Sabotage hinter dem Vorfall. Demnach wurden Sprengstoffreste nachgewiesen.

Setzten die USA ihre Drohung um?

Der Verdacht richtete sich umgehend gegen Russland, Moskau wies aber jede Verantwortung von sich. Erst vor wenigen Tagen sagte Generalbundesanwalt Peter Frank in einem Interview, es gebe bislang keine Beweise für eine Urheberschaft Russlands.

Russland wiederum hatte bereits kurz nach den Detonationen angedeutet, die USA könnte für die Explosionen verantwortlich sein. „Der US-Präsident muss auf die Frage antworten, ob die USA ihre Drohung umgesetzt haben“, erklärte eine Sprecherin des russischen Außenministeriums damals.

Hintergrund waren Äußerungen von US-Präsident Biden vom Februar 2022 bei einem Washington-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Biden hatte mehrere Wochen vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gewarnt, sollte Russland im Nachbarland einmarschieren, „dann wird es kein Nord Stream 2 mehr geben“. Das „verspreche“ er, betonte der Präsident, ohne nähere Angaben zu machen. „Wir werden dem ein Ende bereiten.“

Bundesregierung setzte Nord Stream 2 kurz vor Kriegsbeginn ein Ende

Damals stand die Frage im Raum, ob die USA mit Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG versuchen könnten, eine Inbetriebnahme der Pipeline zu verhindern. Es war dann die Bundesregierung, die Nord Stream 2 ein Ende setzte: Kurz vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine legte Berlin das Projekt auf Eis. Scholz reagierte damit auf die Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Hersh ist als Journalist eine Legende, aber auch nicht unumstritten. Er deckte einst das Massaker von My Lai im Vietnamkrieg und die US-Folter im irakischen Gefängnis Abu Ghraib auf. Er hat in den vergangenen Jahren aber auch stark kritisierte Texte geschrieben. So stellte er 2013 in Frage, dass die syrische Regierung für einen tödlichen Giftgaseinsatz verantwortlich war.