Ukraine: Nach Raketenangriff auf Einkaufszentrum 36 Personen vermisst, 18 tot
Nach dem verheerenden Raketenangriff in Krementschuk suchen Rettungskräfte in den Trümmern nach Vermissten. Dutzende werden vermisst, die Zahl der Opfer steigt.

Nach dem verheerenden russischen Raketenangriff auf ein Einkaufzentrum in der ukrainischen Stadt Krementschuk steigt die Zahl der Opfer immer weiter. Bereits 18 Tote wurden laut Angaben des Gouverneurs der Region Poltawa, Dmytro Lunin, geborgen. Die Zahl könne jedoch noch erheblich steigen, es werden noch 36 Personen vermisst. Mindestens 59 weitere Menschen seien verletzt worden, erklärte der Leiter der ukrainischen Rettungsdienste, Serhij Kruk, bereits in der Nacht auf Dienstag. 25 Verletzte davon seien ins Krankenhaus gebracht worden.
Die Einsatzkräfte würden weiter Rettungsarbeiten vornehmen und nach den Vermissten suchen. „Die Arbeiten werden rund um die Uhr fortgesetzt“, sagte Kruk. Hunderte Einsatzkräfte seien vor Ort. Lunin veröffentlichte zudem Bilder, die zeigen, wie schwere Metallplatten von einem Kran angehoben werden.
Russland soll Ch-22-Rakete abgefeuert haben
Die Ukraine machte Russland für den Angriff in der Region Poltawa verantwortlich. Die Strafverfolgungsbehörden des Landes leiteten derweil eine vorgerichtliche Untersuchung wegen Verstößen gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges in Verbindung mit vorsätzlichem Mord ein.
Die Rakete war am Nachmittag in das Gebäude eingeschlagen. Angaben der ukrainischen Luftstreitkräfte zufolge sollen bei dem Angriff Luft-Boden-Raketen des Typs Ch-22 eingesetzt worden sein. Diese seien von Tu-22-Mittelstreckenbombern aus dem russischen Gebiet Kursk abgefeuert worden, hieß es.
Vor dem Angriff war Luftalarm ausgelöst worden. Innenminister Denys Monastyrskyj ging davon aus, dass sich trotz Alarms noch 200 bis 1000 Menschen in dem Einkaufszentrum aufgehalten hätten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zunächst gesagt, dass mehr als 1000 Menschen in dem Gebäude waren.
G7-Gipfel: Putin und die Verantwortlichen müssen Rechenschaft ablegen
Der G7-Gipfel hat den Raketenangriff verurteilt und Russland mit Konsequenzen gedroht. „Willkürliche Angriffe auf unschuldige Zivilistinnen und Zivilisten sind Kriegsverbrechen. Der russische Präsident Putin und die Verantwortlichen werden dafür Rechenschaft ablegen müssen“, hieß es in einer Erklärung der Gipfelteilnehmer am Montagabend.
„Die Besatzer haben mit Raketen auf ein Einkaufszentrum geschossen, in dem mehr als tausend Zivilisten waren“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim Nachrichtendienst Telegram.
Dazu postete er am Montag auf dem Messengerdienst Videoaufnahmen des brennenden Gebäudes. „Das Einkaufszentrum brennt, Rettungskräfte bekämpfen das Feuer, die Zahl der Opfer ist unvorstellbar.“ In dem Video, das Selenskyj verbreitete, war das brennende Gebäude mit dicken dunklen Rauchwolken zu sehen.
Raketen wurden angeblich aus dem russischen Gebiet Kursk abgefeuert
Die Rakete war am Montagnachmittag in das Gebäude eingeschlagen. Der Sekretär des Sicherheitsrats, Olexij Danilow, sagte, dass eine zweite Rakete in ein örtliches Sportstadion eingeschlagen sei.
„Der Raketenangriff auf das Einkaufszentrum mit Menschen in Krementschuk ist ein weiteres Kriegsverbrechen der Russen“, so Lunin. „Der Raketenbeschuss von Krementschuk traf einen belebten Ort, der nichts mit den Kämpfen zu tun hat“, schrieb der Bürgermeister der Stadt, Vitali Maletsky, auf Facebook.
Fabrik für Straßenbaumaschinen nahe des Einkaufszentrums
Auf einem von Gouverneur Lunin bei Telegram verbreiteten Video war ein weitgehend ausgebranntes Gebäude zu sehen.

Nach Angaben des Zivilschutzes waren 115 Feuerwehrleute mit 20 Löschwagen im Einsatz. Zum Abend wurde der Brand örtlichen Behörden zufolge gelöscht. Krementschuk hatte vor Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine etwa 220.000 Einwohner. Die Stadt liegt etwa 250 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Kiew. In unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums befindet sich eine Fabrik für Straßenbaumaschinen.
Blinken und Johnson verurteilen Raketenangriff in Krementschuk
Die Attacke wurde im Westen von ranghohen Politikern verurteilt. „Die Welt ist entsetzt über Russlands heutigen Raketenangriff, der ein belebtes Einkaufszentrum traf“, schrieb US-Außenminister Antony Blinken bei Twitter. Die USA würden die Ukraine weiter unterstützen und die Verantwortlichen für Gräueltaten zur Verantwortung ziehen.
Auch der britische Premierminister Boris Johnson verurteilte den Beschuss des Einkaufszentrums. „Dieser entsetzliche Angriff zeigt erneut, zu welchem Ausmaß an Grausamkeit und Barbarei der russische Staatschef fähig ist“, sagte Johnson am Rande des G7-Gipfels in Elmau.
Die Ukraine wehrt sich seit mehr als vier Monaten gegen die russische Invasion. Die Vereinten Nationen haben bisher über 4700 zivile Todesopfer erfasst, gehen aber wie die Regierung in Kiew von weitaus höheren Opferzahlen aus. (mit dpa/AFP)
