Saleh: Mietendeckel kommt auch für andere Städte infrage

Am Montag tritt die zweite Stufe des Mietendeckel-Gesetzes in Kraft. Der Berliner SPD-Politiker Raed Saleh sieht den Mietendeckel als Vorbild für Deutschland. 

Raed Saleh (SPD) übt Kritik an der Berliner CDU für ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Mietendeckel.
Raed Saleh (SPD) übt Kritik an der Berliner CDU für ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Mietendeckel.dpa/Gregor Fischer

Berlin-SPD-Fraktionschef Raed Saleh sieht im umstrittenen Berliner Mietendeckel-Gesetz ein Vorbild auch für andere Städte. „Ich bin überzeugt, dass die Diskussion kommen wird“, sagte Saleh der dpa. „Der Druck in anderen Städten ist so groß, dass das automatisch diskutiert wird, im Übrigen auch innerhalb der Union.“

Saleh kritisierte die Berliner CDU für ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Mietendeckel, gegen den sie zusammen mit der FDP vor das Verfassungsgericht gezogen ist. „Die Berliner CDU tickt nicht wie ihre Wählerinnen und Wähler. Ich glaube aber, dass der Druck auch bei ihr ankommen wird, das ist nur eine Frage der Zeit, bei der CDU dauert es manchmal etwas länger“, sagte der SPD-Fraktionschef. „Ich bin davon felsenfest überzeugt, weil Wohnen eben keine Ware ist wie andere. Wohnen ist Daseinsvorsorge.“

Nach Salehs Einschätzung wird das Thema Mietenregulierung nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 auch bundespolitisch eine Rolle spielen: „Ich gehe fest davon aus, dass die nächste Bundesregierung neue gesetzliche Regelungen im Bund entwickeln muss, weil der Markt es nicht mehr alleine regeln kann“, sagte er. Gerade in einer sozialen Marktwirtschaft müsse der Staat auch Einfluss nehmen. „Das haben wir in Berlin getan.“ Er sei überzeugt davon, dass der Bund eine bundesgesetzliche Regelung finden werde.

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„Am Ende ist der Mietendeckel ein Konjunkturprogramm“

Das Mietendeckel-Gesetz hat es nach Salehs Einschätzung vielen Berlinerinnen und Berlinern leichter gemacht, bisher durch die Corona-Krise zu kommen. Der SPD-Politiker wies auf die schwierige Situation für etliche Branchen wie die Gastronomie und die Abstriche bei Lohn und Gehalt durch Kurzarbeit hin. Ohne Beschlüsse wie die für die Deckelung der Mieten und für die Gebührenfreiheit im Bildungsbereich wäre es noch schwieriger gewesen, durch diese Phase zu kommen, so der SPD-Politiker.

„Und ich bin auch überzeugt, am Ende ist der Mietendeckel ein Konjunkturprogramm“, betonte Saleh. „Die Menschen investieren das Geld wieder in der Stadt.“ Wenn man wisse, dass man bei der Miete etwas einspare und sicher sein könne, dass sie nicht wieder permanent steige, gebe man das Geld auch aus.

Was bedeutet Mietendeckel?

Der bundesweit einmalige Mietendeckel soll den Anstieg der Wohnkosten in der Hauptstadt bremsen. Er gilt seit neun Monaten. Seit 23. Februar sind die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen bis 2025 auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren. Sie dürfen erst ab 2022 wieder steigen, nach jetzigem Stand höchstens um 1,3 Prozent jährlich. Wird eine Wohnung wieder vermietet, muss sich der Vermieter an Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. 

Am kommenden Montag (23. November) nun zündet Stufe zwei: Überhöhte Mieten werden nicht nur gedeckelt, sondern müssen gesenkt werden.

Welche Mieten müssen nun gesenkt werden?

Überhöhte Bestandsmieten sind ab Montag gesetzlich verboten. Sie müssen also gesenkt werden. Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) geht davon aus, dass das etwa 340.000 Wohnungen betrifft. So ganz genau kann das aber im Moment keiner sagen.

Wann gilt eine Miete als überhöht?

Wenn sie mehr als 20 Prozent über den vom Land Berlin festgelegten Obergrenzen liegt. Diese bemessen sich anhand von Baujahr, Ausstattung und Lage der Wohnung.

Wie hoch sind die zulässigen Mieten?

Laut Tabelle des Senats bewegen sich die maximal erlaubten Nettokaltmieten je nach Alter und Ausstattung zwischen 3,92 Euro und 9,80 Euro je Quadratmeter. Zuschläge sind etwa im Fall einer Modernisierung möglich. Bei einer Senkung überhöhter Mieten in bestehenden Mietverhältnissen sind zudem von der Lage abhängige Ab- oder Zuschläge zu berücksichtigen. Hinzu kommt dann ein pauschaler Aufschlag von 20 Prozent.

Wie kann ein Mieter feststellen, ob seine Miete überhöht ist?

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat dazu einen Rechner online gestellt, wo das leicht nachzuprüfen ist. Er ist unter mietendeckel.berlin.de/mietendeckelrechner zu finden.

Was muss ein Mieter tun, wenn die Miete überhöht ist?

Zunächst einmal schauen, ob der Wohnungseigentümer sie von sich aus reduziert hat. Denn dazu ist dieser gesetzlich unter Androhung von Bußgeld verpflichtet. Ist das nicht geschehen, bietet sich an, zuerst den Vermieter anzusprechen. Möglicherweise hat dieser die neue Regelung nicht im Blick gehabt oder die Mietsenkung vergessen. Hilft das nicht, sollten sich Mieter an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wenden. Dazu gibt es ab 23. November auf der Internetseite mietendeckel.berlin.de ein Kontaktformular. In der Behörde kümmern sich 65 extra eingestellte Beschäftigte um solche Anliegen und wenden sich dann an den Vermieter. Vor Gericht ziehen muss der Mieter nicht.

Was sollte man mit dem gesparten Geld tun?

Im konkreten Fall rät Senator Scheel, es sicherheitshalber erst einmal beiseite zu legen statt gleich für andere Zwecke auszugeben. Denn es gibt einen Streit, ob der Mietendeckel als Ganzes überhaupt mit der Verfassung in Einklang steht. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet nach Klagen von CDU- und FDP-Bundestagsabgeordneten sowie Vermietern voraussichtlich im zweiten Quartal 2021. Sollte der Mietendeckel kippen, könnten auf Mieter Nachzahlungen zukommen. Aber auch das ist momentan unter Juristen umstritten.