Warnstreik in Hamburg: Polizei und Hafenarbeiter geraten aneinander

Die Beschäftigten der Hafenbranche in Hamburg streiken. Offenbar hat die Polizei gewaltsam in die Proteste eingegriffen.

Die Hafenbeschäftigten in Hamburg streiken, die Polizei steht in einer Traube daneben.
Die Hafenbeschäftigten in Hamburg streiken, die Polizei steht in einer Traube daneben.dpa

Rund 12.000 Personen nahmen am Freitag an Demonstrationen in Hamburg teil. Anlass waren die Streiks der Hafenbeschäftigten, zu denen die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hatte. Videos in digitalen Netzwerken zeigen nun brenzlige Situationen zwischen Protestierenden und der Polizei. Einige User sprechen von Angriffen auf Pressevertreter.

Es war die größte Streikaktion seit Jahrzehnten: Die Angestellten forderten mehr Gehalt in Anbetracht der steigenden Inflation. Schon am Donnerstag hatten Tausende Hafenbeschäftigte die Abfertigung von Frachtschiffen in den deutschen Nordseehäfen blockiert.

Videos zeigen Aufeinandertreffen von Polizei und Protestierenden

In den sozialen Medien sind aktuell Videos mit Szenen zu sehen, in denen die Polizei in die Menge der Streikenden eintritt. Es sieht aus, als werde Pfefferspray eingesetzt. User schreiben von „Angriffen auf Streikende“.

Durch die Streiks geraten die seit Beginn der Corona-Pandemie immer mehr gestörten Abläufe in den weltweiten Lieferketten unter Druck. Nach jüngsten Berechnungen am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) stecken in der Nordsee rund zwei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau. Derzeit warten rund 20 Frachter auf Ankerplätze in der Deutschen Bucht, die meisten mit Ziel Hamburg. Vor diesem Hintergrund wollten Logistikunternehmen den Arbeitskampf per Gerichtsbeschluss stoppen, waren damit aber kaum erfolgreich.

Streik: Erst am Samstagmorgen geht es wieder an die Arbeit

„Wir lassen die Verhältnismäßigkeit von Streiks rechtlich überprüfen“, hieß es in Branchenkreisen. Arbeitsgerichte in Bremen, Oldenburg und Wilhelmshaven lehnten Anträge auf einstweilige Verfügungen von mehreren Hafenlogistikfirmen ab, den Warnstreik zu stoppen. Lediglich in Hamburg endete der Streit um die Rechtmäßigkeit der Warnstreiks mit einem Vergleich, wie eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage mitteilte.

Die Beschäftigten traten an allen wichtigen Häfen mit der Frühschicht in den Ausstand, erst am Samstagmorgen soll die Arbeit nach 48-stündiger Unterbrechung weitergehen.

Die Gewerkschaft Verdi will nach sieben ergebnislosen Gesprächsrunden im Tarifstreit um die Entlohnung der Hafenarbeiter nochmals den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Sie hatten bereits im Juni zweimal die Abfertigung von Schiffen lahmgelegt, zuletzt am 23. Juni für 24 Stunden. Ähnliche Streikaktionen gab es in Deutschland zuletzt vor mehr als vier Jahrzehnten.

Die Verhandlungsführerin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Ulrike Riedel, nannte den Streikaufruf „unverantwortlich“. Während Verdi bislang stets von Warnstreiks spricht, heißt es beim ZDS, bei einem zweitägigen Ausstand könne „nicht mehr von einem Warnstreik gesprochen werden“.

Forderungspaket von Verdi: 12,5 Prozent mehr Geld

Verdi ist mit einem Forderungspaket angetreten, das nach eigener Aussage je nach Lohngruppe bis zu 14-prozentige Entgelterhöhungen bei einer Laufzeit von zwölf Monaten bedeuten würde.

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) hat nach mehrfachen Nachbesserungen zuletzt ein „finales Angebot“ auf den Tisch gelegt, das er mit einem Volumen von bis zu 12,5 Prozent beziffert und für konventionelle Betriebe mit 9,6 Prozent – allerdings bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Verdi hält das Angebot für ungenügend, weil es das Inflationsrisiko im zweiten Jahr der Laufzeit einseitig auf die Schultern der Beschäftigten verlege. Der bislang letzte Verhandlungsanlauf der Tarifparteien endete am Mittwochabend nach mehr als acht Stunden ohne Ergebnis.