„Schnauze voll“: Boris Palmer für Ende aller Corona-Maßnahmen
Palmer hält Impfpflicht für richtigen Weg, Virologe Hendrick Streeck widerspricht. Er will zudem Antikörper als Nachweis für den Genesenenstatus akzeptieren.

Der Tübinger Oberbürgermeister und Grünen-Politiker Boris Palmer will die Corona-Maßnahmen beenden. Er sagte in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ am Dienstagabend: „Wir brauchen jetzt etwas anderes als eine durchbürokratisierte Einzelfallregelung, die absurde Auswüchse erzeugt. Ich habe jetzt die Schnauze voll!“ Der Tübinger Oberbürgermeister sprach sich zudem für eine Impfpflicht aus. Sie würde die Grundimmunisierung der Bevölkerung sicherstellen. Dann gebe es weder eine Überlastung der kritischen Infrastruktur noch einen Grund mehr für die aktuellen Grundrechtseingriffe. Dabei reiche eine Impfpflicht für Menschen ab 50 völlig aus. 90 Prozent der Corona-Patienten in den Krankenhäusern seien 50 Jahre und älter.
Auch für die Kontrolle der Impfpflicht hat Palmer einen Vorschlag: Entweder mache man Stichproben unter der Bevölkerung. Oder man könne auf das Einwohnermelderegister zugreifen. „Dann bekommen alle Menschen einen Brief: Wir haben jetzt eine Impfpflicht, in vier Wochen benötige ich Ihren Impfnachweis.“ Wer sich nicht an die Anweisung halte, müsse mit einem Musterverfahren rechnen. „Die Stadt Tübingen mit 90.000 Einwohnern regelt so 140.000 Verkehrsverstöße. Wenn jetzt noch 5000 dazukommen, brauche ich nicht mal neues Personal einzustellen“, erklärt Palmer.
Virologe: Impf- und Genesenenstatus sollten gleich lang sein
Virologe Hendrik Streeck, der auch Mitglied des Expertenrates der Bundesregierung ist, sagte hingegen, er sei nicht sicher, ob eine Impfpflicht in Deutschland „überhaupt nötig“ ist. Streeck: „Wir impfen jetzt gegen eine Variante, die es praktisch gar nicht mehr gibt“, sagt er. Wichtiger sei für ihn: Impf- und Genesenenstatus sollten gleich lang sein. Zudem müsse man in Zukunft auch Antikörper als Nachweis für den Genesenenstatus akzeptieren. Schließlich brauche es eine Studie, um herauszufinden, wie viele Menschen aktuell überhaupt geschützt seien. Streeck: „Da haben wir keine Ahnung. Wir wollen eine Impfschutzquote erreichen, wissen aber gar nicht, wie viele Leute diesen Schutz schon haben.“
