Die texanischen Behörden nach dem Grundschulmassaker in der Kleinstadt Uvalde mit 21 Todesopfern Fehler der Polizei eingeräumt. Der Leiter der Behörde für öffentliche Sicherheit des US-Bundesstaates, Steven McCraw, sagte am Freitag, es sei die „falsche Entscheidung“ gewesen, das Klassenzimmer, in dem der Schütze sich befand, nicht früher zu stürmen.
„Im Nachhinein war es natürlich nicht die richtige Entscheidung“, sagte McCraw. „Es war die falsche Entscheidung, Punkt. Dafür gibt es keine Entschuldigung.“ Die Polizisten hatten das Klassenzimmer, in dem der 18-jährige Angreifer sich am Dienstag verbarrikadiert hatte, erst nach mehr als einer Stunde gestürmt.
Einsatzkräfte dachten, Angreifer sei kein „aktiver Schütze“ mehr
Der Behördenchef berichtete am Freitag, 19 Polizisten seien bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Flur vor dem Klassenraum postiert gewesen, hätten aber keine Versuche unternommen, in den Raum einzudringen und den Schützen zu stoppen. Stattdessen sei in jenem Moment die Entscheidung getroffen worden, auf Spezialkräfte zu warten. Dies habe sich im nachhinein als Fehleinschätzung erwiesen.
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McCraw sagte, die Einsatzkräfte seien zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass der Angreifer kein „aktiver Schütze“ mehr sei und deswegen keine weiteren Kinder mehr in Gefahr seien.
Auf die Frage, wie viele Kinder während der Wartezeit erschossen worden seien und andernfalls womöglich hätten gerettet werden können, sagte er, dies werde noch untersucht. „Wir sind nicht hier, um zu verteidigen, was passiert ist“, sagte er. „Wir sind hier, um die Fakten darzulegen.“
Ein 18-Jähriger hatte am Dienstag an der Grundschule Robb Elementary School in Uvalde 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. Mehr und mehr Eltern und Zeugen warfen der Polizei seither vor, nicht schnell genug eingegriffen zu haben.
Detaillierte Angaben zum Ablauf des Schulmassakers
Die Behörden gerieten auch wegen falscher und unpräziser Angaben zu dem Schulmassaker in die Kritik. Behördenchef McCraw machte nun detaillierte Angaben zum zeitlichen Ablauf des Schulmassakers. Demnach drang der Angreifer am Dienstag um 11.33 Uhr in die Schule ein und feuerte umgehend „mehr als 100 Schüsse“ ab. Nur zwei Minuten später, um 11.35, betraten die ersten drei Polizisten die Schule. Zwei von ihnen wurden leicht verletzt, als der Schütze auf sie feuerte.
In der Folge trafen immer mehr Polizisten ein, um 12.03 waren bis zu 19 Beamte im Schulflur, wie McCraw sagte. Die ersten Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos trafen um 12.15 Uhr ein. Erst um 12.50 Uhr stürmten die Einsatzkräfte schließlich das Klassenzimmer und erschossen den Angreifer.
In der Zwischenzeit hatten Schulkinder aus zwei miteinander verbundenen Klassenzimmern mehrfach den Notruf gewählt. Um 12.03 Uhr rief eine Schülerin bei der Polizei ein und sagte, sie befinde sich in Klassenzimmer 112. Um 12.10 Uhr rief das Mädchen erneut an und sagte, es gebe zahlreiche Tote. In einem weiteren Anruf um 12.16 Uhr sagte die Schülerin, dass acht bis neun Mitschüler am Leben seien.
Um 12.43 Uhr und 12.47 Uhr bat eine Schülerin über den Notruf, „bitte jetzt die Polizei zu schicken“, wie McCraw sagte. Um 12.50 Uhr sind demnach auf der Aufnahme Schüsse zu hören, um 12.51 Uhr ist dann zu hören, wie Polizisten die Kinder aus dem Klassenzimmer bringen.
US-Waffenlobbygruppe NRA beginnt nach Grundschulmassaker ihr Jahrestreffen
Unterdessen hat die mächtige US-Waffenlobbyorganisation NRA ihr dreitägiges Jahrestreffen begonnen. Tausende Besucher strömten am Freitag in die Veranstaltungshalle in der texanischen Großstadt Houston, die rund vier Autostunden von Uvalde entfernt liegt. Während für den Nachmittag eine Rede von Ex-Präsident Donald Trump geplant war, gab es mehrere prominente Absagen.
So strich der texanische Gouverneur Greg Abbott nach dem Schulmassaker seine Teilnahme an dem Jahrestreffen im George R. Brown Convention Center. Der erzkonservative Politiker wollte aber eine Videoansprache halten.
Auch Country-Star Don McLean („American Pie“) sagte ab. McLean erklärte, es wäre „respektlos und verletzend“, bei einem für Samstagabend geplanten Konzert aufzutreten. Medienberichten zufolge sagten auch andere Country-Musiker wie Lee Greenwood und Larry Gatlin ab.
Waffenhersteller sagt NRA-Jahrestreffen ab
Zuvor hatte bereits der Waffenhersteller Daniel Defense, aus dessen Produktion das bei dem Grundschulmassaker verwendete Sturmgewehr stammte, angekündigt, nicht an dem NRA-Jahrestreffen teilzunehmen. „Wir glauben, dass diese Woche nicht der richtige Zeitpunkt ist, um auf der NRA-Tagung in Texas für unsere Produkte zu werben“, erklärte das Unternehmen.
Bei dem Jahrestreffen stellen zahlreiche Hersteller ihre Waffen aus. Ein etwa 60-jähriger Mann zeigte sich am Freitag begeistert von einem Gewehr des Herstellers Hellion. Auf die Frage, ob er bereits Waffen besitze, sagte er lachend: „Ich habe in jedem Zimmer meines Hauses Schusswaffen.“
Begleitet wurde der Auftakt des Jahrestreffens der National Rifle Association (NRA) von Protesten. Vor dem Veranstaltungsort versammelten sich Demonstranten, die unter anderem Fotos der in Uvlade getöteten Kinder zeigten. Eine Frau hielt ein Plakat mit der Aufschrift „Nein zu Waffen“ hoch.
