Schwere Impfnebenwirkungen: Gesundheitsministerium löscht Tweet

Ein Tweet über die Häufigkeit von Nebenwirkungen sorgt für Aufruhr. Jetzt wurde er gelöscht. Das ZDF kritisiert: „Behörde hat Sprengkraft unterschätzt.“

Karl Lauterbach.
Karl Lauterbach.imago

Das Gesundheitsministerium hat einen vieldiskutierten Beitrag bei Twitter gelöscht. Darin hatte die Behörde mitgeteilt: „Eine von 5000 Personen ist von einer schweren Nebenwirkung nach einer COVID19-Impfung betroffen.“ Der Tweet wurde zehntausendfach geteilt und kommentiert, Impfgegner und Impfbefürworter führten teils heftige Debatten. Grund: Die in dem Tweet genannten Zahlen waren falsch. Auch die Berliner Zeitung berichtete (hier). Zunächst wurde ein korrigierender Tweet veröffentlicht. Am Donnerstag entschied das Ministerium dann, den Beitrag komplett zu löschen.

Nun heißt es beim Gesundheitsministerium: „In einem Tweet vom 20. Juli gab es eine falsche Formulierung bzgl. der Meldung von Verdachtsfälle ans Paul-Ehrlich-Institut.“ Das BMG schreibt weiter:„ Die Melderate bezieht sich auf alle Verdachtsmeldungen, d. h. ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung ist mit der Verdachtsmeldung noch nicht bestätigt, es wird erstmal ein zeitlicher Zusammenhang festgestellt.“

Auch das öffentliche-rechtliche ZDF berichtete über den Vorgang und titelte: „Panne im Gesundheitsministerium: Impf-Nebenwirkung: Wie ein Tweet missglückte.“ In dem Beitrag wurde unter anderem kritisiert, dass das Ministerium unter Führung von Karl Lauterbach „offenbar die Sprengkraft unterschätzte, die die Diskussion über Impf-Nebenwirkungen vor allem im digitalen Raum birgt“. Das Gesundheitsministerium sei „dem aufgeladenen Thema der Impf-Nebenwirkungen mit diesem verkürzten Tweet nicht gerecht“ geworden. Und weiter: „Es fehlte jegliche Einordnung.“

„Viele Menschen in der Durchschnittsbevölkerung verstehen das nicht“

In dem ZDF-Beitrag kommt auch die Kommunikationswissenschaftlerin Veronika Karnowski zu Wort. Hier heißt es: „Für das Ministerium sei es selbstverständlich, dass eine Meldung nicht gleichzusetzen sei mit einer konkreten Impf-Nebenwirkung. Viele Menschen in der Durchschnittsbevölkerung verstünden das aber nicht.“

Bei den Meldezahlen, so das ZDF weiter, handele es sich „zunächst um Verdachtsfälle“. Meldezahlen würden zudem „Ungenauigkeiten unterliegen“. Weiter heißt es: „Wie hoch die Zahl derjenigen ist, die tatsächlich schwere Nebenwirkungen durch eine Corona-Impfung (haben, Anm. d. Redaktion), ist daher schwer zu sagen“.

Die Redakteurin stellt fest: „Klar ist aber: Schwerwiegende Nebenwirkungen sind äußerst selten.“ Als Beleg für diese Aussage führt das ZDF einen weiteren Tweet des Gesundheitsministeriums an: „Donnerstagmittag schrieb das Ministerium entsprechend: ‚Wichtig bleibt: Das Risiko einer schwerwiegenden Nebenwirkung nach einer Covid-19-Impfung ist sehr gering.‘ In der ersten Korrektur des Tweets vom Mittwochabend fehlte eine solche Einordnung.“

Karl Lauterbach äußerte sich bislang nicht zu dem Wirbel und der neu entfachten Diskussion über die Nebenwirkungen der Corona-Impfung sowie deren Häufigkeit. Er twitterte am Donnerstag: „Die Daten in den US, wo die 4, Impfung ab 50 empfohlen wird, zeigen deutlich, dass es nach der 4. Impfung kaum noch Todesfälle durch COVID gibt. Der Unterschied zur 3. Impfung ist groß. Für Ältere mit Risikofaktoren gilt daher, dass niemand auf eine bessere Impfung warten sollte.“