Schwieriger Besuch: Baerbock trifft in Krisenstaat Mali ein

Die Bundesaußenministerin kritisiert die dortige Militärjunta wegen Verbindungen zum Kreml. Wird der Bundeswehreinsatz in Mali verlängert?

Annalena Baerbock nach ihrer Landung in Mali
Annalena Baerbock nach ihrer Landung in Malidpa

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist in der Nacht zu Dienstag zu einem zweitägigen Besuch im Sahel-Staat Mali eingetroffen. In Gesprächen mit der Militärregierung, Vertretern der Zivilgesellschaft und der Bundeswehr will sich Baerbock ein Bild von der aktuellen Lage machen, die von zunehmender extremistischer Gewalt und großer Armut geprägt ist. Die Ergebnisse der Gespräche sollen einfließen in die bevorstehende Entscheidung der Bundesregierung, ob – und in welcher Form – die Bundeswehr in Mali bleiben soll.

Zum Auftakt der Reise machte Baerbock ihre Unzufriedenheit mit der Militärjunta in Bamako deutlich. Deutschland könne sein Engagement nur fortsetzen, wenn die „Rahmenbedingungen“ stimmten, und in dieser Hinsicht habe die Regierung „in den letzten Monaten international sehr viel Vertrauen verspielt – nicht zuletzt durch Verschleppung des demokratischen Übergangs und durch intensivierte militärische Zusammenarbeit mit Moskau“, sagte Baerbock.

Die Bundesaußenministerin zählte eine Reihe von Anforderungen an Mali für den Verbleib der Bundeswehr auf: Sie nannte „Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit ebenso wie ein entschiedener Kampf gegen den Terror und Gewalt und die Einhaltung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien“. Da das Verhalten von Malis Regierung in dieser Hinsicht Fragen aufwerfe, müsse Deutschland sein Engagement „hinterfragen“.

1300 Soldatinnen und Soldaten in Mali

Die Bundeswehr ist derzeit mit rund 1300 Soldatinnen und Soldaten an zwei internationalen Militäreinsätzen in Mali beteiligt – die Missionen gelten als derzeit größter und gefährlichster Einsatz der deutschen Streitkräfte.

Im Rahmen der EU-geführten Ausbildungsmission EUTM trainieren rund 300 deutsche Soldaten Angehörige der Armee von Mali. Kurz vor Baerbocks Abreise hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell angekündigt, die militärische Ausbildungsmission drastisch zu reduzieren.

Weitere rund 1000 Bundeswehrsoldaten unterstützen aktuell den UN-Blauhelmeinsatz Minusma, der eine Stabilisierung des Landes und den Schutz der Zivilbevölkerung zum Ziel hat. Die Zukunft auch dieses Einsatzes steht infrage, weil Frankreich seine Soldaten abziehen will. Der Abzug reißt eine Lücke in die militärischen Kapazitäten des UN-Einsatzes, die schwer zu füllen ist.

Malische Militärjunta: Verbindungen zum Kreml

Die malische Militärjunta arbeitet nach Erkenntnissen westlicher Regierungen mit Söldnern der russischen Gruppe Wagner zusammen, die Verbindungen zum Kreml haben soll. Menschenrechtsgruppen verdächtigen die russischen Kräfte, vor zwei Wochen gemeinsam mit malischen Soldaten ein Massaker an Zivilisten in der Ortschaft Moura begangen zu haben – die Gruppierung Human Rights Watch spricht von etwa 300 getöteten Zivilisten.

Nach dem Besuch in Mali will Baerbock in die benachbarte Republik Niger weiterreisen. Neben Gesprächen mit Regierungsvertretern stehen in beiden Ländern Unterredungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft auf dem Programm, zudem will die Ministerin Stabilisierungs- und Entwicklungsprojekte besuchen.

Themen dabei sollen den Angaben zufolge die massiv steigenden Lebensmittelpreise sowie die Auswirkungen des Klimawandels in der Sahel-Region sein. Mali und Niger zählen zu den ärmsten und trockensten Staaten der Erde.

Baerbock verwies darauf, dass der Krieg in der Ukraine auch Auswirkungen auf die armen Länder der Sahel-Zone habe, schließlich habe die Ukraine als „Kornkammer“ die ganze Welt mit Getreide beliefert. „Millionen von Menschen werden in Hungersnot gestürzt – meist in Ländern, die ohnehin mit politischer Instabilität, den Folgen der Klimakrise, Terrorismus und anderen Herausforderungen zu kämpfen haben“, sagte die Ministerin. „Die Sahel-Region ist hierfür ein trauriges Beispiel.“

Lambrecht: „Wir müssen uns fragen, wen bilden wir da aus?“

Zuvor war bereits Verteidigungsministerin Lambrecht auf dem afrikanischen Kontinent. Sie hatte Niger und  Mali besucht. Zum Bundeswehreinsatz sagte Lambrecht: „Wir müssen uns fragen, wen bilden wir da aus?“ Es dürfe nicht sein, dass deutsche Kräfte malische Soldaten ausbilden, die sich später an Verbrechen beteiligen. Es müsse aber ein Weg gefunden werden, sich weiter im Kampf gegen den Terrorismus zu engagieren. Die EUTM (European Union Training Mission) in der bisherigen Form könne es jedoch nicht sein, so die Ministerin.

Lambrecht: „Der Schritt der EU, die Ausbildung malischer Soldaten im Rahmen der Mission EUTM vorerst zu beenden, ist konsequent und richtig. Angesichts möglicher massiver Menschenrechtsverletzungen, die malische Truppen gemeinsam mit russischen Kräften – womöglich sogar Söldnern – begangen haben, müssen wir uns fragen, wen wir da eigentlich ausbilden.“

Dennoch sei das Engagement im Sahel weiterhin wichtig. Das zeige auch der Erfolg der Mission im benachbarten Niger. Die malischen Machthaber ließen dagegen „keine Bereitschaft erkennen, die zugesagten Wahlen nun auch schnellstmöglich durchzuführen“. Daher könne „man auch mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen des Bundestages über unsere Präsenz in Mali nicht so tun, als sei nichts geschehen“. Man werde sich eng mit den europäischen Partnern über das weitere Vorgehen abstimmen.