Sekten und esoterische Heilmethoden auf Vormarsch: Berliner suchen Hilfe
Sekten unternehmen offenbar verstärkt Missionierungsversuche in der Hauptstadt. Die Sekteninfo des Senats verzeichnet einen Rekord bei Beratungen.

Immer mehr Berlinerinnen und Berliner haben sich zu Sekten und esoterischen Heilmethoden beraten lassen. Mit 641 Anfragen im vergangenen Jahr ist nach einem Bericht des RBB ein neuer Hochstand erreicht worden. Die Zahlen gehen aus einer Auswertung der Sekteninfo des Berliner Senats hervor.
Demnach seien die meisten Anfragen zu kleineren Gruppierungen eingegangen. Darunter vor allem zu bibeltreuen Evangelikalen, zweifelhaften Lebenshilfe-Angeboten, horrend teuren Coachings oder Angeboten im Bereich Esoterik. Anfragen zu Scientology sind dagegen in den vergangenen Jahren zurückgegangen.
„Extrem gestiegen“ seien indes Anfragen zu evangelikalen Gruppen, christlichen Fundamentalisten und Pfingstlern, wie aus dem Bericht hervorgeht. Ein möglicher Grund dafür sei, dass es verstärkte Missionierungsversuche in der Hauptstadt gegeben haben könnte. Denn Berlin werde von einigen evangelikalen Gruppen als „gottlose“ Stadt mit einem großen Anteil von Atheisten gesehen, die es zu missionieren gelte.
Klima, Corona, Ukraine: Suche nach Vereinfachung von komplizierter Realität
Aussteiger und Angehörige dieser Gruppen hätten der Sekteninfo dem Bericht zufolge von „besonders rigorosen Moralvorstellungen und von einer Feindlichkeit gegenüber sexuellen Minderheiten“ berichtet. Auch von körperlicher und psychischer Gewalt und Fällen von Kindeswohlgefährdung sei die Rede gewesen.
„Aus meiner Sicht zeigt die Nachfrage, dass wir es in Berlin und bundesweit mit einem unterschätzten Problem zu tun haben“, so Jan Buschbom vom Berliner Verein für Ausstiegsberatung „iuvenes“ in dem Bericht.
Einen Erklärungsversuch für den Anstieg bei Anfragen zu esoterischen Heilmethoden macht Karol Küenzlen-Zielinski von der Leitstelle für Sektenfragen. Er sieht darin einen Wunsch nach „Vereinfachung einer als undurchsichtig und überfordernd erlebten Realität“. Die Klimakatastrophe, Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg ließen Betroffene nach Orientierung suchen.
