So könnte eine Strompreisbremse aussehen

Das Wirtschaftsministerium macht einen Vorschlag, wie mit den krisenbedingten Extragewinnen der Energieerzeuger umgegangen werden soll.

Die Pläne für eine Strompreisbremse nehmen Form an.
Die Pläne für eine Strompreisbremse nehmen Form an.APA/Roland Schlager

Die geplante Strompreisbremse zur Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher nimmt Form an. Die Regierung arbeite derzeit „mit Hochdruck an der nationalen Umsetzung der europäischen Verordnung“ über entsprechende Notfallmaßnahmen, teilte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mit. „Die Ideen für die deutsche Strompreisbremse sehen vor, dass den Verbrauchern ein vergünstigtes Basiskontingent zur Verfügung gestellt wird“, hieß es. Für den übrigen Verbrauch falle der normale Strompreis an.

Durch diese Pläne werde auf den Stromrechnungen „der Strompreis vom Gaspreis teilweise entkoppelt, ohne aber das wichtige Preissignal als Einsparsignal für die Verbraucher zu beeinträchtigen“, erklärte das Ministerium. Die Entlastung beim Strom für Haushalte und Unternehmen solle zudem „konsistent mit der Umsetzung der Gaspreisbremse erfolgen“.

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Strompreisbremse soll analog zur Umsetzung der Gaspreisbremse erfolgen

Zuerst hatte das Handelsblatt unter Berufung auf ein 18-seitiges Papier zur Strompreisbremse darüber berichtet. Demnach sei es das Ziel, sich bei der Gestaltung an den Vorschlägen der Gaspreiskommission zu orientieren. „Soweit möglich und sinnvoll“ werde es eine „einheitliche Umsetzung von Gas- und Strompreisbremse“ geben, zitierte die Zeitung aus dem Papier. Als Kabinettstermin für beide Instrumente ist demnach der 18. November vorgesehen.

Die von den EU-Staaten verabschiedete EU-Verordnung sieht eine Abschöpfung übermäßiger Zufallsgewinne am Strommarkt vor, mit der die Maßnahme finanziert werden soll. Diese Abschöpfung am Strommarkt sei „komplex, weil auch Einnahmen und Verluste am Terminmarkt berücksichtigt werden müssen“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Hier werde derzeit „ein gestuftes Vorgehen diskutiert“.

Dafür soll es Gewinnabschöpfungen geben

Laut Handelsblatt steht in dem Papier, dass es Gewinnabschöpfungen für erneuerbare Energien, Grubengas-Kraftwerke, Abfall-Kraftwerke, Atomkraftwerke, Braunkohlekraftwerke und Kraftwerke, die Öl verbrennen, geben soll. Die Gewinnabschöpfung solle nach „spezifischen Erlösen erfolgen“. Es sollen dazu die Kapitalkosten der Betreiber herangezogen und mit einer „Sicherheitsmarge“ beaufschlagt werden. Gewinne, die darüber hinaus anfallen, sollen zu 90 Prozent abgeschöpft werden.

Verivox: Stromnetzgebühren steigen 2023 stark

Verbraucher in Deutschland müssen sich unterdessen nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox auf zusätzliche Belastungen beim Strompreis einstellen. Die sogenannten Netznutzungsentgelte steigen im kommenden Jahr bundesweit um durchschnittlich 20,4 Prozent – so stark wie nie, wie Verivox nach Auswertung vorläufiger Daten für 67 Prozent aller Haushaltskunden mitteilte.

Bei einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden liegen demnach die Netzkosten 2023 bundesweit voraussichtlich bei 367 Euro netto. Das entspreche einem Preisanstieg von 62 Euro pro Jahr.

Netzentgelte sind eine Art Porto für den Stromtransport. Sie setzen sich aus Kosten für die großen Übertragungsleitungen sowie für die örtlichen Verteilnetze zusammen. Der Anteil der Netzentgelte am Strompreis für Haushaltskunden liegt 2022 im Schnitt nach Branchenangaben bei gut 20 Prozent, kann aber regional stark variieren.

Der Bund will im Zuge des dritten Entlastungspaketes in einem ersten Schritt mit einem Zuschuss von knapp 13 Milliarden Euro die Gebühren von Haushalten und Industrie für die Nutzung der großen Übertragungsnetze stabilisieren. Bei der Verivox-Erhebung geht es den Angaben zufolge um die Entgelte der örtlichen, kleineren Verteilnetze, die Haushalte prozentual stärker treffen als die Industrie.

Stromnetzgebühren: Anstieg in Berlin um 30 Prozent

Verbraucher würden regional unterschiedlich stark belastet, heißt es bei Verivox. Den stärksten Anstieg gebe es in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von 52 Prozent. Das entspreche einer jährlichen Mehrbelastung von 208 Euro. In Brandenburg steigen die Stromnetzgebühren den Angaben zufolge um 48 Prozent (plus 182 Euro), in Berlin um 30 Prozent (plus 79 Euro). Am geringsten falle die Belastung in Bremen (plus 4 Prozent), Thüringen (9 Prozent) und Baden-Württemberg (10 Prozent) aus.

„Auch bei den Netzentgelten kommt die Energiekrise an. Durch die explodierenden Großmarktpreise sind auch die Kosten für Netzverluste beim Stromtransport deutlich gestiegen“, sagte Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. „Zudem steigen die vorgelagerten Übertragungsnetzentgelte im kommenden Jahr an.“ Innerhalb der vergangenen 15 Jahre seien die Gebühren um insgesamt 68 Prozent gestiegen. „Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das weiter steigende Strompreise“, sagte Storck.

Eine dreiköpfige Familie zahlt nach Verivox-Berechnungen im Oktober für 4000 Kilowattstunden Strom 2153 Euro pro Jahr. Mit den steigenden Netzgebühren erhöhen sich die Kosten den Angaben zufolge im kommenden Jahr rein rechnerisch auf 2227 Euro. „Der Staat muss dringend die angekündigte Strompreisbremse auf den Weg bringen, um Haushalte in der Energiekrise weiter zu entlasten.“