In der Kita werde das Fundament für Bildung und eine gesunde Entwicklung gelegt, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) kürzlich, nachdem das Kabinett in Berlin ein „Kita-Qualitätsgesetz“ ins Spiel gebracht hatte. Wie aktuelle Daten zeigen, ist die Entwicklung von kleinen Kindern in Berlin jedoch bedenklich.
Nach den Plänen der Ampelkoalition sollen die Bundesländer in den kommenden beiden Jahren insgesamt vier Milliarden Euro erhalten, um mehr Personal für ihre Kitas einzustellen und die Qualität der Einrichtungen zu erhöhen. Damit will die Koalition an das sogenannte Gute-Kita-Gesetz anknüpfen, mit dem der Bund seit 2019 knapp 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hatte, das jedoch zum Jahresende ausläuft.
Bericht: Fast alle Kinder haben Aufholbedarf
Offenbar sind die Defizite in der sprachlichen Entwicklung bei Berliner Kindern besonders massiv. In einem exklusiven Bericht der Morgenpost heißt es: „In diesem Jahr wurden bis Juli 2995 Nicht-Kita-Kinder im Vorschulalter von den bezirklichen Schulämtern zur Sprachstandsfeststellung eingeladen. Erschienen sind zu diesem Termin zwar gerade mal rund ein Drittel, nämlich 1058 Kinder. Aber allein bei 891 von ihnen wurde ein sprachlicher Förderbedarf festgestellt.“
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Politik streitet um „Kita-Qualitätsgesetz“
Das von der Bundesregierung vorgelegte „Kita-Qualitätsgesetz“ stößt bei der Opposition im Bundestag auf einhellige Kritik. CDU/CSU, AfD und Die Linke warfen der Koalition am Mittwochabend bei der ersten Lesung unter anderem vor, die Zukunft der „Sprach-Kitas“ zu gefährden und die Eltern zur Kasse zu bitten.
Die Zuschüsse aus Berlin werden grundsätzlich begrüßt, doch für Widerstand sorgt unter anderem die vorgesehene Regelung, dass die Länder nur noch maximal die Hälfte der Bundesmittel für eine Senkung der Kita-Beiträge verwenden dürfen. Zudem soll die Förderung der „Sprach-Kitas“ künftig von den Ländern übernommen werden, was ebenfalls auf breite Ablehnung stößt. Viele „Sprach-Kitas“ stünden dadurch vor dem Aus, sagte der CDU-Abgeordnete Hermann-Josef Tebroke: „Sie verantworten den Zusammenbruch hochwertiger Strukturen.“
Paus will „Sprach-Kitas“ fördern
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wies den Vorwurf zurück. Das Gesetz gebe den Bundesländern die Möglichkeit, das Geld aus Berlin für die Sprachförderung einzusetzen und die „Sprach-Kitas“ auf diesem Weg in die Landesstrukturen zu überführen. Heidi Reichinnek von Die Linke warnte jedoch, der damit verbundene Umsetzungsaufwand sei von den Ländern in der Kürze der Zeit gar nicht zu stemmen.
Über das Programm „Sprach-Kitas“ finanziert der Bund seit 2016 zusätzliches Personal an Kitas zur Sprachentwicklung, vor allem an Einrichtungen mit vielen Kindern mit Sprachförderbedarf. Ab dem kommenden Jahr sollen nach dem Willen der Bundesregierung die Bundesländer selbst die Förderung übernehmen.
Sprachstörungen: Problem besteht seit Jahren
Die Zahl der von Sprachstörungen betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland steigt einer Untersuchung zufolge seit Jahren – auch in der Corona-Krise. Zwischen 2019 und 2021 wuchs die Zahl der betroffenen 6- bis 18-Jährigen um rund neun Prozent, bei den 15- bis 18-Jährigen sogar um fast 21 Prozent. Das geht aus Daten der Kaufmännischen Krankenkasse in Hannover (KKH) hervor.
Im Zehnjahresvergleich seit 2011 stieg die Zahl der Betroffenen demnach insgesamt um 58 Prozent – bei Mädchen wurde ein Anstieg um 59,4 Prozent registriert, bei Jungen um 56,7 Prozent. Zu Sprach- und Sprechstörungen bei Kindern und Jugendlichen zählen ein begrenztes Vokabular, Schwierigkeiten bei der Artikulation von Lauten oder der Satzbildung oder Grammatikschwächen. Die KKH ist nach eigenen Angaben mit rund 1,6 Millionen Versicherten eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen.
Im vergangenen Jahr waren laut KKH im Schnitt 8,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen betroffen – nach 5,2 Prozent zehn Jahre zuvor. In der Altersgruppe der 6- bis 10-Jährigen lag der Anteil der Kinder mit Sprachstörungen bei 16,0 Prozent, bei den 11- bis 14-Jährigen waren es 5,5 Prozent und bei den 15- bis 18-Jährigen 2,4 Prozent.
