Studie: Deutsche leiden an  „Melancovid“

Corona führe zu dauernder Übervorsicht, der Ukraine-Krieg und andere Krisen zu einem konstanten Bedrohungsgefühl, sagen Tiefenpsychologen.

Eine Frau steht mit dem Rücken zur Wand (Symbolbild).
Eine Frau steht mit dem Rücken zur Wand (Symbolbild).Imago/Jeannine Jirak

Viele Bürger fühlen sich trotz umfangreicher Corona-Lockerungen ohnmächtig. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Kölner Rheingold Instituts. Die Deutschen sind demnach resigniert, antriebslos und entnervt angesichts ihrer Lebensumstände. Zudem hätten viele Menschen trotz Lockerungen den Wunsch verloren, zu ihrem früheren Leben zurückzukehren.

In konkreten Zahlen äußert sich die Ohnmacht der Befragten wie folgt: Nur etwa jeder Fünfte (22,6 Prozent) sei dazu bereit, wieder Risiken wie vor Corona auf sich zu nehmen. Mehr als zwei Drittel wollen hingegen nach wie vor vorsichtig bleiben. Überdies sind sich 27 Prozent sicher, dass sie künftig im Umgang mit anderen zurückhaltender sein wollen.

Deutsche fühlen sich „wie das Kaninchen vor der Schlange“

Stephan Grünewald, Gründer des Rheingold Instituts, sagt angesichts der Studienergebnisse über die Deutschen: „Sie fühlen sich paralysiert wie das Kaninchen vor der Schlange.“ Und weiter: „Die Menschen vermissen die frühere Unbeschwertheit und Selbstverständlichkeit, mit denen man dem Leben und seinen Verlockungen oder Herausforderungen begegnete.“

Corona führe zu einer dauernden Übervorsicht, der Ukraine-Krieg und andere Krisen zu einem konstanten Bedrohungsgefühl. „Spontanität wird durch ständige Selbstkontrolle ersetzt, Schuldgefühle sind zum Alltagsbegleiter geworden – die Deutschen leiden an Melancovid“, so Grünewald.

Untersucht wurden in der tiefenpsychologischen Pilot-Studie 40 Menschen, befragt wurden weitere 1000. Gruppendiskussionen und Tiefeninterviews hätten zu den Ergebnissen geführt. Nach der Invasion Russlands in die Ukraine wurden zwölf weitere Menschen qualitativ-tiefenpsychologisch zu ihrer Befindlichkeit befragt, hieß es.