Studie: Kinderpornografie im Internet während Corona verzehnfacht
In der Pandemie suchten viele Menschen – auch Kinder – in sozialen Medien nach Ablenkung. Laut einer Studie nutzten Missbrauchstäter die Situation gezielt aus.

Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern im Internet haben im Zuge der Corona-Pandemie und weltweit verhängter Lockdowns massiv zugenommen. Dies teilte die britische Kinderschutzorganisation Internet Watch Foundation am Freitag unter Berufung auf eine Auswertung während der Pandemie gesammelter Daten mit. So habe sich die Zahl von Missbrauchsopfern selbst aufgenommener und ins Netz gestellter Bilder und Videos – oft die Folge unbeaufsichtigten Kontakts zu Tätern in den sozialen Medien – seit 2019 mehr als verzehnfacht.
„Eltern sind sich oft nicht bewusst, dass es so eine Online-Hintertür in ihr Zuhause gibt, durch die ihre Kinder gefährdet werden“, erklärte Susie Hargreaves, Vorsitzende der Internet Watch Foundation. Allein im Jahr 2022 verzeichnete die Organisation rund 63.000 Internetseiten, auf denen Abbildungen sexualisierter Gewalt an Kindern im Alter von sieben bis zehn Jahren zu finden waren – ein Anstieg von über 1000 Prozent. Hargreaves: „Ich fürchte, dies könnte nur die Spitze des Eisbergs sein.“
Forscher: Internet war „Rettungsanker“ und Gefahr für Kinder
Zu erklären sei das Explodieren der Zahlen vor allem mit der sozialen Isolation, die Menschen überall auf der Welt während der Pandemie erlebt hätten. Viele Kinder hätten ihr soziales Umfeld außerhalb der eigenen vier Wände verloren, das Internet sei in dieser Zeit zu einem „Rettungsanker“ geworden, sagte Hargreaves. Studien zeigen tatsächlich einen altersübergreifenden Anstieg der Social-Media-Nutzung seit Beginn der Pandemie Anfang 2020. Auch viele Ältere wagten sich erstmals auf die Plattformen, posteten eigene Videos auf TikTok oder YouTube.
Der nahezu unregulierte Umgang mit immer mehr Erwachsenen im Netz ist eine Erklärung für den massiven Anstieg von Online-Missbrauchsfällen. Analysten der Organisation werteten für die Studie Tausende Stunden Videomaterial aus, das teils schwerste sexualisierte Gewalt zeigt. Ungewöhnlich häufig seien dabei Aufnahmen aufgetaucht, auf denen Kinder per Videochat oder Livestream mit Tätern – in diesem Kontext oft „Groomer“ genannt – kommunizierten und von diesen zu sexuellen Handlungen überredet wurden.
Die Auswirkungen der letzten Jahre auf den Bereich der Online-Kriminalität beginne man erst jetzt vollumfänglich zu erfassen, erklärte Polizeichef Ian Critchley. „Der Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet wird nie aufhören, und die jüngsten Zahlen verdeutlichen nur, dass die gesamte Gesellschaft der Bekämpfung dieser schrecklichen Verbrechen größere Priorität einräumen muss.“
