Studie: Sexuelle Gewalt in der Kirche viel größer als gedacht

Ein mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen beauftragter Jurist ermittelte 273 Beschuldigte und 422 Betroffene. Zuvor war man in Mainz von 53 Tätern und 169 Opfern ausgegangen. Ein endgültiger Bericht über die Vorfälle soll Anfang 2022 vorliegen.

Unter blauem Himmel und gegen die Sonne zeichnet sich eine Jesusstatue unter dem Kreuz ab.
Unter blauem Himmel und gegen die Sonne zeichnet sich eine Jesusstatue unter dem Kreuz ab.dpa/Nicolas Armer

Mainz-Das Ausmaß sexueller Gewalt im Bistum Mainz ist laut einer Studie weitaus größer als bislang gedacht. Nach persönlichen Kontakten und intensiver Prüfung von Dokumenten und Archivdaten geht der mit der Untersuchung beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber „Stand heute von 273 Beschuldigten und 422 Betroffenen aus“.

Diese am Mittwoch in einem Zwischenbericht veröffentlichte Zahl ist weitaus höher als das Ergebnis der enger gefassten sogenannten MHG-Studie aus dem Jahr 2018 zur sexuellen Gewalt in der katholischen Kirche. Sie hatte für das Bistum Mainz 53 Täter und 169 Opfer ermittelt.

Der vom Bistum beauftragte unabhängige Rechtsanwalt aus Regensburg hob hervor, dass in der neuen Studie mit dem Titel „Erfahren.Verstehen.Vorsorgen“ der Kreis der Beschuldigten, Betroffenen und der Vorfälle weiter gefasst sei. Der Abschlussbericht der Untersuchung, die die Zeit von 1945 bis 2019 umfasst, soll voraussichtlich Anfang 2022 vorgelegt werden.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte, der Zwischenbericht helfe dabei, „in einen schrecklichen Abgrund im Bistum Mainz zu blicken“. Weber und Kohlgraf riefen alle, die zur Aufklärung der Vorfälle beitragen können - insbesondere Betroffene, Angehörige, Freunde und Mitarbeiter des Bistums - dazu auf, sich mit dem Rechtsanwalt in Verbindung zu setzen.