Umweltforscher: EU exportiert Klimaschäden nach Osteuropa

Laut einer Studie wälzt die EU ihre Umweltschäden an ärmere Drittstaaten ab. Die Folgen des „Überkonsums“ müssten vor allem Nachbarländer im Osten tragen.

Die EU-Staaten lagern die Folgen ihres Konsums laut einer Studie an ihre Nachbarländer aus.
Die EU-Staaten lagern die Folgen ihres Konsums laut einer Studie an ihre Nachbarländer aus.imago/Panthermedia

Die Europäische Union lagert ihre Klimaschäden offenbar vor allem an östliche Nachbarländer und den globalen Süden aus. Dies geht aus einer am Donnerstag im Fachblatt Nature Sustainability veröffentlichen Studie hervor. Die internationale Forschergruppe stellt fest, dass die augenscheinliche Reduzierung von Umweltbelastungen innerhalb der EU mit einem gleichzeitigen Anstieg von Emissionen und Materialverbrauch in den Nachbarländern einhergeht.

„Der Konsum in der EU kommt vor allem Mitgliedstaaten zugute, während er für die östlichen Nachbarn wie Albanien, Montenegro, Serbien, die Ukraine und die Republik Moldau höhere Umweltbelastungen mit sich bringt“, erklärt die Co-Autorin Yuli Shan, Professorin an der University of Birmingham. Dabei falle das Verhältnis von Kosten und Nutzen des stetig steigenden Konsums in der EU für keine Region so nachteilig aus wie für Osteuropa.

Forscher: EU-Klimaschäden Folge von „Überkonsum“

Auch Länder wie Brasilien, China oder der Nahe Osten müssen der Untersuchung zufolge die Auswirkungen des „Überkonsums“ in der EU tragen. Der Mehrwert – Unternehmensprofite, eine verbesserte Lebensqualität, eine vermeintlich saubere Klimabilanz – verbleibe hingegen zu 85 Prozent innerhalb der Europäischen Union. Insbesondere westeuropäische Staaten wie Deutschland oder Frankreich zählen zu den größten Wirtschaftsmächten weltweit. 

In ihrer Analyse fokussierten sich die Wissenschaftler auf zehn verschiedene umweltschädliche Folgen des Konsums in der EU, darunter die Versiegelung von Flächen, der Verbrauch von Grundwasser oder die Abgabe von Giftstoffen an Böden und Gewässer. Das Ergebnis: Im Zeitraum von 1995 bis 2019 „exportierten“ EU-Mitglieder ihre Umweltsünden immer mehr in Länder außerhalb der Staatengemeinschaft.

Die Verantwortung liege nun bei der Europäischen Union, die Verantwortung ihres eigenen Verbrauchs zu übernehmen. Umweltschäden könne man auf verschiedene Weisen reduzieren, erklärte Mitautor Klaus Hubacek von der Universität Groningen: „Zum Beispiel indem wir die Art und Weise, wie die Menschen reisen, oder ihre Ernährungsgewohnheiten ändern und neue eine neue europäische Handelspolitik schaffen“.

Klimaziele: EU weitet Emissionshandel aus

Erst im Dezember hatten sich die Mitgliedstaaten auf eine Ausweitung des EU-Emissionshandels geeinigt. Dieser sieht vor, dass Unternehmen für den Ausstoß von Treibhausgasen sogenannte Verschmutzungszertifikate kaufen müssen. Dadurch soll ein Anreiz für umweltfreundliche Innovation geschaffen werden.

Klimaexperten und Umweltschützer kritisieren das Instrument mitunter heftig, da es - wie auch die nun veröffentlichte Studie nahelegt - zu einer Auslagerung von Klimaschäden an Drittstaaten führen kann. Statt, wie von der Politik eigentlich vorgesehen, auf klimafreundliche Produktion zu setzen, könnten sich große Konzerne durch den Handel „freikaufen“. So sieht letztlich nicht nur die Klimabilanz der Unternehmen, sondern auch der EU insgesamt besser aus, als es in der Realität der Fall ist.