Studie: Weiter starke Ost-West-Unterschiede auf Arbeitsmarkt

Zu dem Ergebnis kommt eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Ein Einflussfaktor sind laut Studie unterschiedliche Betreuungsangebote für Kinder.
Ein Einflussfaktor sind laut Studie unterschiedliche Betreuungsangebote für Kinder.dpa/Martin Schutt

Düsseldorf-Auch 30 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es bei der Berufstätigkeit und der Bezahlung von Frauen und Männern deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. 

Bei Erwerbsbeteiligung, Arbeitszeit und Einkommen seien die Abstände zwischen Männern und Frauen im Osten spürbar kleiner – allerdings bei Einkommen auf insgesamt niedrigerem Niveau als im Westen, heißt es in der Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung. Frauen in West- wie in Ostdeutschland haben demnach auf vielen Feldern in den vergangenen Jahren gegenüber Männern aufholen können. Dennoch bleibt die durchschnittliche berufliche, wirtschaftliche und soziale Situation von Frauen in beiden Landesteilen weiterhin oft schlechter als die von Männern, so Studienautorin Aline Zucco.

Unterschiedliches Betreuungsangebot für Kinder als Faktor

Die Erwerbstätigenquote westdeutscher Frauen lag 2018 der Untersuchung zufolge mit knapp 72 Prozent um gut 8 Prozentpunkte unter der von westdeutschen Männern. In den neuen Ländern betrage der Unterschied nur 4 Prozentpunkte. Eine Teilzeitstelle hätten aktuell 48,6 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Westdeutschland, in Ostdeutschland seien es nur 34,7 Prozent. Der Anteil der Frauen, die lediglich einen Minijob haben, sei im Westen mit 17,1 Prozent sogar fast doppelt so hoch wie in Ostdeutschland mit 9,9 Prozent.

Der deutliche Unterschied beim zeitlichen Umfang der Erwerbsarbeit hängt der WSI-Analyse zufolge maßgeblich mit dem unterschiedlichen Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder zusammen: In Ostdeutschland werden 41,4 Prozent der Kinder unter 3 Jahren und 74,8 Prozent der 3- bis 6-Jährigen ganztags außer Haus betreut. Dagegen seien es im Westen nur 14,3 beziehungsweise 40,5 Prozent.

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Die Unterschiede bei Kinderbetreuung und Arbeitszeiten trügen – unter anderem wegen geringerer Karrieremöglichkeiten – wesentlich dazu bei, dass die Lohnlücke in Westdeutschland weiterhin deutlich größer sei als in Ostdeutschland, so die Stiftung. Im Westen liege der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen 21 Prozent unter dem von Männern, der Abstand sei damit dreimal so groß wie in den neuen Ländern. Allerdings seien die Stundenlöhne ostdeutscher Männer wesentlich niedriger als die von männlichen Beschäftigten in den alten Ländern.

Auch bei der Verteilung der Arbeitszeit innerhalb von Paarbeziehungen gibt es laut dem WSI deutliche Ost-West-Unterschiede. In den neuen Ländern arbeiteten bei 44 Prozent der Paare mit Kindern beide Partner Vollzeit, im Westen treffe das nur auf 20 Prozent zu.