Studie: Grund für Personalmangel sind auch schlechte Arbeitsbedingungen

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung bleiben viele Stellen offen. Das liegt nicht nur daran, dass es zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte gibt

Kundgebung von Pflegepersonal: Menschen tragen Schilder und gelbe Warnwesten.
Kundgebung von Pflegepersonal: Menschen tragen Schilder und gelbe Warnwesten.dpa

Überstunden, Extraschichten, Zeitdruck, Burn-out: Personalmangel ist in vielen Branchen ein Problem – für die Unternehmen, vor allem aber auch für die Beschäftigten. Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt nun, dass nicht nur der Fachkräftemangel für den Personalnotstand in vielen Branchen verantwortlich ist. Neu ist, dass darin die Arbeitnehmersicht ausgewertet wurde. So gaben ein Viertel bis ein Drittel der Befragten schlechte Bezahlung und ungünstige Arbeitszeiten als Grund für unbesetzte Stellen an.

Die Studie basiert auf Daten der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung aus den Jahren 2021 und 2022, an der knapp 3900 Arbeitnehmervertretungen in Betrieben und Dienststellen ab 20 Beschäftigten teilgenommen haben. Die Befragung sei repräsentativ für mitbestimmte Betriebe oder Organisationen ab 20 Beschäftigten.

Besonders groß ist die Personalnot laut der Bundesagentur für Arbeit in Bauberufen, dem Handwerk, der Pflege oder im IT-Bereich. Die Mängel sind seit Jahren bekannt. In der WSI-Studie gaben 56,2 Prozent der befragten Betriebs- und Personalräte an, dass in den vergangenen 24 Monaten nicht alle offenen Stellen besetzt werden konnten. Das Gesundheitswesen sei mit 80,2 Prozent, das Baugewerbe mit 72,2 Prozent besonders betroffen.

Am häufigsten wird ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als Grund genannt, wenn Stellen offen bleiben. So betreffe die Personalnot Berufe mit einer längeren Ausbildungszeit stärker: Von den Befragten, deren Betrieb von Personalnot betroffen ist, berichten 70,5 Prozent, dass Stellen für Hochqualifizierte vakant geblieben sind. Bei 63,2 Prozent waren es Arbeitsplätze für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Probleme bei der Gewinnung von Auszubildenden geben 28,6 Prozent zu Protokoll, Personal für einfache Tätigkeiten fehlt bei 19,4 Prozent.

Schlechte Arbeitsbedingungen in vielen Branchen

Die Analyse der Arbeitnehmervertretung zeigt nun allerdings, dass auch schlechte Arbeitsbedingungen ein häufig genannter Grund sind, weshalb Betriebe nicht genügend Beschäftigte finden.

Für „einfache Tätigkeiten“ hielten etwa 32 Prozent der Befragten unattraktive Arbeitsbedingungen für entscheidend, teilte die Böckler-Stiftung mit.

Bei der Besetzung „hochqualifizierter Stellen“ sagten das knapp 31 Prozent und bei der Gewinnung von Fachkräften mit Berufsausbildung 24 Prozent. In den Branchen Verkehr, Lagerei sowie Gastgewerbe ist der Anteil der Befragten, die die Arbeitsbedingungen vor Ort verantwortlich machen, sogar größer als der Anteil derjenigen, die auf den Arbeitsmarkt verweisen.

Der Fachkräftemangel in Deutschland sei real und müsse zur Kenntnis genommen werden, auch „wegen der negativen Folgen für Belegschaften wie Arbeitsintensivierung und Überlastung“, sagt WSI-Forscherin Elke Ahlers. Attraktivere Arbeitsbedingungen könnten nach ihrer Einschätzung dazu beitragen, das Problem in den Griff zu bekommen.