Studie: Bis zu 100.000 Fachkräfte fehlen an Grundschulen

Ab 2029 hat jedes Grundschulkind ein Recht auf Ganztagsbetreuung. Experten warnen: Wenn die Politik nichts gegen den Personalmangel unternimmt, bleibt das ein leeres Versprechen.

Besonders in Westdeutschland fehlen Zehntausende Erzieher und Sozialpädagogen.
Besonders in Westdeutschland fehlen Zehntausende Erzieher und Sozialpädagogen.dpa/Sebastian Gollnow

Jedes einzelne Grundschulkind hat künftig einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung – für die Umsetzung bis Ende des Jahrzehnts fehlen einer Studie zufolge aber Zehntausende Erzieher und Sozialpädagogen in Deutschland.

Die Bundesländer müssten gemeinsam mit allen Verantwortlichen schon jetzt handeln, um dem steigenden Personalmangel vorzubeugen, sagte Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung, die die Studie am Dienstag veröffentlichte.

Anspruch auf Ganztagsbetreuung: Schrittweise Einführung ab 2026

Insgesamt könnten 100.000 pädagogische Fachkräfte an Grundschulen fehlen. Vor allem im Westen werde die Umsetzung des Rechtsanspruchs daher schwierig, im Osten sollte dagegen der vergleichsweise schlechtere Personalschlüssel auf West-Niveau verbessert werden. Am Geld scheitert es der Studie zufolge nicht. Jedoch gebe es schlicht zu wenige Menschen, die den Beruf ergreifen wollen.

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Bund und Länder hatten im vergangenen September einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule beschlossen, der schrittweise eingeführt wird. Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift die Regelung bei Kindern der 1. Klasse, ab 2029/2030 bei allen Klassen.

Wo der Personalmangel besonders dramatisch ist

Die Ausgangslagen in den Bundesländern unterscheiden sich stark: Im Osten nutzen bereits heute im Schnitt 83 Prozent der Grundschulkinder ein Ganztagsangebot. Dazu kommen 3,5 Prozent, die ein Übermittagsangebot bis 14.30 Uhr besuchen. Im Westen sind es dagegen nur 47 Prozent im Ganztag und 18 Prozent im Übermittagsangebot. Dafür hinkt die Personalausstattung im Osten hinterher: In Horten etwa muss eine Vollzeit-Fachkraft dort rechnerisch mehr als doppelt so viele Kinder betreuen wie eine Kollegin oder Kollege im Westen.

Ein gutes Zeugnis stellt die Studie nur Berlin, Hamburg und Thüringen aus. Dort gibt es bis Ende des Jahrzehnts laut der Prognose genügend Personal, um jedem einzelnen Grundschulkind einen Ganztagsplatz anzubieten.

Westdeutschland: Über 1 Million zusätzliche Ganztagsplätze fehlen

Die westdeutschen Bundesländer müssten sich dagegen auf den Platzausbau konzentrieren. Sollte jedem einzelnen Kind in der Grundschule ein Ganztagsangebot gemacht werden, bräuchte es bis 2030 aber mehr als eine Million zusätzliche Plätze und rund 76.000 Fachkräfte. Selbst wenn nur die heutige Quote Ostdeutschlands, wo mehr als vier von fünf Grundschülern ganztags betreut werden, angepeilt würde, fehlten noch 55.000 Fachkräfte.

Expertin Stein von der Bertelsmann Stiftung forderte demnach eine „langfristig angelegte Fachkräfteoffensive von Bund und Ländern“. Für eine bessere und bundeseinheitliche Ausstattung müsse die Politik jetzt gesetzliche Rahmenbedingungen, genügend Ausbildungskapazitäten und Anreize für den Einstieg ins Berufsbild schaffen.