Sturm auf Reichstag: 85 Verfahren

Zwei Jahre nach den Krawallen vor dem Reichstag laufen noch immer Ermittlungen. Viele Verdächtige sind namentlich bekannt, einige wurden schon verurteilt.

Ende August 2020: Polizisten rennen zu der Treppe vor dem Reichstag, die von Demonstranten gestürmt wurde.
Ende August 2020: Polizisten rennen zu der Treppe vor dem Reichstag, die von Demonstranten gestürmt wurde.Imago/Jean-Marc Wiesner

Fast zwei Jahre nach Krawallen am Reichstagsgebäude ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft noch in 21 Fällen. Insgesamt seien bislang 85 Verfahren bearbeitet worden im Zusammenhang mit den Geschehnissen vom 29. August 2020, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Damals war es Teilnehmern einer Demonstration gelungen, das Absperrgitter zu überwinden und die Treppen hochzustürmen.

In den meisten Fällen (71) waren die Beschuldigten den Ermittlern namentlich bekannt. Allerdings reichten die Beweise laut Behörde häufig für eine Bestrafung nicht aus. Insgesamt wurden nach Angaben der Sprecherin 51 Verfahren eingestellt. In 9 Fällen habe die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung per Strafbefehl beantragt. Dies ist vergleichbar mit der Erhebung einer Anklage. Allerdings wird die Strafe ohne mündliche Verhandlung ausgesprochen.

Strafbefehl nicht akzeptiert

So ein Fall beschäftigt an diesem Freitag auch das Amtsgericht Tiergarten. Ein 49-Jähriger, der damals Teil der Gruppe von etwa 1000 Menschen gewesen sein soll, hat nach Gerichtsangaben einen Strafbefehl nicht akzeptiert. Darum komme es nun zur Hauptverhandlung, hieß es.

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Etwa 300 bis 400 Demonstranten hatten Absperrgitter am Reichstagsgebäude überrannt und sich triumphierend und lautstark vor dem verglasten Besuchereingang aufgebaut. Dabei wurden vor dem Herzstück der Demokratie auch schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenkt. Nach einer Weile bekamen die drei ersten Polizisten Verstärkung und die Beamten drängten die Menschen mit Pfefferspray zurück.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte die Besetzung der Treppe des Reichstagsgebäudes scharf kritisiert. „Reichsflaggen auf den Stufen des frei gewählten deutschen Parlaments, das Herz unserer Demokratie – das ist nicht nur verabscheuungswürdig, sondern angesichts der Geschichte dieses Ortes geradezu unerträglich“, sagte er. „Wir dulden keine antidemokratische Hetze und keine Herabwürdigung der Bundesrepublik Deutschland am Bundestag.“