Trotz Feuerpause: Ukraine meldet Kämpfe um Stahlwerk in Mariupol
Russland versprach eine dreitägige Feuerpause zur Rettung von Zivilisten. Die ukrainische Armee sagt: Die Russen halten sich nicht daran, wollen uns „vernichten“.

Trotz einer von Russland angekündigten Feuerpause haben die Kämpfe um das Asow-Stahlwerk in Mariupol am Donnerstag nach ukrainischen Angaben weiter angedauert. Russland versuche, die letzten verbliebenen ukrainischen Verteidiger auf dem Gelände im Süden der Ukraine zu „vernichten“, teilte die ukrainische Armee am Donnerstagmorgen mit. Der Kreml erklärte hingegen, die Feuerpause werde eingehalten.
Moskau hatte am Mittwochabend eine dreitägige Feuerpause zur Evakuierung von Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk im südukrainischen Mariupol angekündigt. Die russischen Streitkräfte wollten demnach am Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils von 8 bis 18 Uhr (7 bis 17 Uhr MESZ) Fluchtkorridore für Zivilisten aus dem Industriekomplex öffnen.
Nach Angaben der ukrainischen Armee nahmen die russischen Truppen ihre Offensive zur Einnahme des Fabrikgeländes mit Unterstützung aus der Luft aber wieder auf. Der Kommandeur des ukrainischen Asow-Regiments, Denys Prokopenko, hatte in einem am Mittwochabend auf Telegram veröffentlichten Video erklärt, dass russische Soldaten in das Stahlwerk eingedrungen seien und sich „heftige und blutige Gefechte“ mit den ukrainischen Streitkräften lieferten.
Kreml: Russische Truppen halten die Feuerpause ein
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Donnerstag in Moskau hingegen, die Fluchtkorridore „funktionieren“. Die russischen Truppen hielten die Feuerpause ein, das Stahlwerk werde jedoch weiterhin belagert.
Mariupol ist nach wochenlanger russischer Belagerung und Angriffen weitgehend zerstört, das Stahlwerk ist der letzte Rückzugsort ukrainischer Soldaten in der strategisch wichtigen Hafenstadt. Nach Angaben des Bürgermeisters von Mariupol, Wadym Boitschenko, sitzen noch 200 Zivilisten in ausgedehnten Tunnelanlagen auf dem Werksgelände fest.
In anderen Teilen des Landes, insbesondere in der Ostukraine, dauerten die Kämpfe ebenfalls weiter an. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk wurden bei einem nächtlichen Angriff auf ein Wohnviertel in Kramatorsk 25 Zivilisten verletzt. Die russische Armee teilte ihrerseits mit, sie habe in der Stadt einen ukrainischen Kommandoposten und zwei Militärlager beschossen.
Kreml-Sprecher Peskow erklärte am Donnerstag, dass die Unterstützung westlicher Staaten für die Ukraine ein rasches Vordringen der russischen Truppen erschwere. Die USA, Großbritannien und die Nato tauschten „ständig Geheimdienst-Informationen mit den ukrainischen Streitkräften aus“, sagte der Kreml-Sprecher. „Zusammen mit den Waffenlieferungen machen diese Aktionen einen schnellen Abschluss“ des russischen Militäreinsatzes „unmöglich“. Russland werde dennoch all seine Ziele erreichen.
