Türkei blockiert Nato-Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden
Die Türkei wirft Schweden und Finnland vor, die kurdische PKK „offen“ zu unterstützen. Außenminister Cavusoglu und Staatschef Erdogan hoffen auf einen Waffendeal.

Die Türkei hat in der Nato den Beginn der Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden zunächst blockiert. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Bündniskreisen erfuhr, war es am Mittwochvormittag im Nato-Rat nicht wie ursprünglich geplant möglich, den für den Start des Aufnahmeprozesses notwendigen Beschluss zu fassen.
Schweden und Finnland hatten nach jahrzehntelanger Bündnisneutralität am Mittwoch offiziell die Aufnahme in die Nato beantragt. Die beiden nordischen Länder reichten ihre Mitgliedsanträge gemeinsam im Brüsseler Hauptquartier der westlichen Militärallianz ein. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem „historischen Moment“.
Ein Sprecher des Bündnisses wollte sich nicht zu den Gesprächen im Nato-Rat äußern. Er betonte lediglich, dass Generalsekretär Jens Stoltenberg entschlossen sei, zu einer schnellen Lösung für Finnland und Schweden zu kommen. „Beide Länder sind unsere engsten Partner, und ihr Beitritt zur Nato würde die euroatlantische Sicherheit stärken“, sagte er.
Türkei: Schweden und Finnland unterstützen „Terrororganisationen“
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan machte unterdessen öffentlich erneut deutlich, dass er eine Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands von einem Zugehen auf sein Land in Sicherheitsfragen abhängig macht. Die Nato-Erweiterung gehe für die Türkei einher mit dem Respekt, den man ihren Empfindsamkeiten entgegenbringe, sagte er bei einer Rede vor seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara.
Schweden und Finnland wollten weitermachen mit der Unterstützung von Terrororganisationen, aber gleichzeitig die Zustimmung der Türkei für eine Nato-Mitgliedschaft, bemängelte Erdogan. „Das ist milde ausgedrückt ein Widerspruch.“
Dem Land Schweden warf Erdogan etwa vor, die Auslieferung von 30 „Terroristen“ zu verweigern. „Die Nato ist ein Sicherheitsbund, eine Sicherheitsorganisation. Insofern können wir nicht ja dazu sagen, dieses Sicherheitsorgan unsicher zu machen“, sagte Erdogan.
Als „Terroristen“ bezeichnet Erdogan etwa Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die auch in den USA und Europa als Terrororganisation gilt. Die Türkei sieht aber auch die Kurdenmiliz YPG in Syrien als Terrororganisation an – für die USA ist die YPG in Syrien dagegen ein Verbündeter.
Türkei will in den USA F-16-Kampfjets kaufen
Wie die Türkei von einem Veto gegen einen Nato-Beitritt von Schweden und Finnland abgehalten werden kann, war bis zuletzt unklar. Nach Angaben von Diplomaten könnten neben Erklärungen der beiden Nordländer zum Kampf gegen den Terrorismus auch Waffengeschäfte eine Rolle spielen. So will die Regierung in Ankara in den USA F-16-Kampfjets kaufen – in Washington war ein möglicher Deal zuletzt aber politisch umstritten.
Hoffnung ist nun, dass Gespräche des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu in New York Bewegung in den Streit bringen könnten. Cavusoglu wollte sich dort unter anderem mit seinem US-Kollegen Antony Blinken treffen. „Die Diplomatie geht weiter“, sagte ein Diplomat am Mittwoch in Brüssel.
Russland droht Finnland
Russland reagierte insbesondere auf die Ankündigung aus Finnland umgehend mit Kritik und Drohungen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russland würde eine Mitgliedschaft des Nachbarlandes in dem westlichen Militärbündnis „definitiv“ als Bedrohung ansehen. Das russische Außenministerium erklärte, Moskau sehe sich gezwungen, darauf „militärisch-technisch und auf andere Weise“ zu reagieren.
Am Freitag verkündete das Energieunternehmen RAO Nordic Oy, ein in Helsinki ansässiges Tochterunternehmen des russischen Konzerns InterRAO, dann einen Lieferstopp von russischem Strom nach Finnland. Das Unternehmen verwies auf ausbleibende Zahlungen. Es sei zu hoffen, dass sich die Lage „bald“ bessere und der Handel wieder aufgenommen werden könne.
