Einem ukrainischen Medienbericht zufolge schießt die russische Armee gezielt auf Aschedeponien des Atomkraftwerks Saporischschja, um radioaktive Staubwolken aufsteigen zu lassen. Der Sender Hromadske beruft sich auf eine Mitteilung des Verteidigungsministeriums der Ukraine. Die Informationen kämen demnach vom Geheimdienst des Landes.
In den besagten Deponien nahe der Stadt Enerhodar werde die Asche gelagert, die beim Betrieb von Atomkraftwerken anfalle. Diese Abfälle weisen eine hohe Konzentration an toxischen Stoffen und eine Strahlung auf, die mindestens 2,5 Mal höher ist als die natürliche Hintergrundstrahlung, berichtet Hromadske. Wenn die Abfälle trocknen, würden sie Staub bilden, der dann über große Entfernungen verbreitet werden kann. Durch gezielte Mörsereinschläge auf diese Aschegruben würden den Angaben zufolge Staubwolken entstehen, die der Wind um die Außenbezirke von Enerhodar weht.
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„Die Überwachung der Strahlung, die in der Nähe des Kernkraftwerks durchgeführt wird, zeigt einen Anstieg der Strahlung an. Die Okkupanten versuchen, diese Daten als Ergebnisse mythischer ‚Angriffe der ukrainischen Streitkräfte‘ darzustellen“, zitiert Hromadske das ukrainische Verteidigungsministerium.
Die Stadt Enerhodar liegt in der Nähe des von den Besatzern beschlagnahmten Kernkraftwerks Saporischschja, das derzeit mit dem Risiko der Verletzung von Strahlungs- und Brandschutznormen betrieben wird. Das ukrainische Personal des Kraftwerks arbeitet weiter und unternimmt alle Anstrengungen, um die nukleare und Strahlungssicherheit zu gewährleisten und die Folgen von Schäden zu beseitigen, heißt es in dem Medienbericht. Russische Streitkräfte würden nach Darstellung der ukrainischen Behörden bewusst das AKW regelmäßig beschießen, obwohl sich dort eine große Anzahl von Waffen und Munition befinden soll.
Die Besatzer wiederum werfen dem ukrainischen Militär vor, die Anlage zu beschießen. Das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation drohte bereits damit, den Betrieb des besetzten AKW einzustellen, wenn die Angriffe nicht aufhören.
Russian occupiers are targeting the ash disposal area of Zaporizhzhia thermal power plant when shelling the outskirts of Enerhodar in order to raise clouds of radioactive dust, announced the Main Intelligence Directorate of the Ukrainian Defense Ministry.https://t.co/f6xzBBxwGl
— Hromadske Int. (@Hromadske) August 23, 2022
Ukraine befürchtet Gewalt am Unabhängigkeitstag
Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes bereiten sich die russischen Streitkräfte im Vorfeld des ukrainischen Unabhängigkeitstages auf Provokationen im Kernkraftwerk vor. Vor diesem Hintergrund wurden angeblich 25.000 Tabletten Kaliumjodid nach Enerhodar geliefert. Das Medikament schütze die Schilddrüse vor der Anreicherung von Radioisotopen von Jod im Falle einer Kontamination durch einen Unfall in Kernreaktoren. Die Behörden betonten in diesem Zusammenhang, dass die Hintergrundstrahlung am Industriestandort und direkt in der Stadt immer noch innerhalb der Norm liege und nicht überschritten werde.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Wochenende gewarnt, dass Russland in dieser Woche „etwas besonders Widerwärtiges und Gewalttätiges unternehmen könnte“. Angesichts des 31. Jahrestags der Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion (24. August) befürchten Kiew und US-Vertreter, dass Russland verstärkt Angriffe auf zivile Infrastruktur und Regierungseinrichtungen planen könnte. Die Furcht vor neuen Attacken wird auch dadurch genährt, dass Russland die Ukraine für den tödlichen Bombenanschlag auf die Tochter des Nationalisten Alexander Dugin, Darja Dugina, verantwortlich macht. Die Ukraine weist die Anschuldigungen zurück.
