Trotz Ukraine-Krieg: Schweiz verschrottet funktionierende Flugabwehrwaffen
Die Schweizer Neutralität verbietet Waffenlieferungen an die Ukraine. Doch die Kritik daran wird lauter.

Die Schweizer Armee verschrottet offenbar noch einsatzfähige Fliegerabwehrwaffen. Wie die Neue Züricher Zeitung (NZZ) berichtet, wurden bereits 60 Abwehrsysteme entsorgt. „Es ist vorgesehen, dass auch in diesen weiteren Tranchen die Systeme allesamt demontiert und entsorgt werden“, sagte der Sprecher des Schweizer Bundesamts für Rüstung, Kaj-Gunnar Sievert, der Zeitung.
Die Schweiz beschaffte mehrere Waffensysteme des Typs Rapier in den 1980er Jahren. Zu einer Einheit gehören eine Abschussrampe sowie ein Radarsystem. Im Jahr 2007 wurden sie umfassend modernisiert. Nun sollen sie allesamt verschrottet werden.
Neue Debatte über Waffenlieferungen in der Schweiz
Trotz ihres Alters könnten sie jedoch noch voll funktionsfähig sein, so der Militärexperte Peter Schneider gegenüber der NZZ. „Gegen tief fliegende Ziele wie Drohnen könnten diese sehr gut eingesetzt werden“, so Schneider. Kritik kommt auch aus der Politik: „Es ist absurd, dass wir in der Schweiz funktionierende Abwehrwaffen verschrotten“, sagt der grünliberale Nationalrat François Pointet. Er unterstütze eine Weitergabe an die Ukraine.
Rapier ist ein von Großbritannien hergestelltes System. Deshalb gelten für die Raketen ganz andere Regeln als für Schweizer Waffen. Laut Bundesratsbeschluss von 2006 sollen außer Dienst gestellte ausländische Systeme zuerst ans Herstellerland zurück verkauft werden. Und wie der Bundesrat in seinem Beschluss ausdrücklich betont: „Ohne Auflagen“. Die Schweiz muss also kein Wiederausfuhr-Verbot verlangen.
In der Schweiz ist seit kurzem eine neue Debatte über Waffenlieferungen entfacht. Deutschland beantragte zuletzt die Weitergabe von Schweizer Panzermunition an die Ukraine. Nach dem Ständerat lehnte auch die größere Parlamentskammer, der Nationalrat, einen umfassenden Vorstoß zur Lockerung des Verbots ab. Gegner argumentieren, dass die Neutralität der Schweiz nicht angetastet werden soll. Das Kriegsmaterialgesetz verbietet es Ländern, eingekaufte Ware an Länder weiterzuleiten, die an einem internationalen Konflikt beteiligt sind.
Schweizer Neutralität verbietet Waffenlieferungen
Deutschland und andere Länder haben in der Vergangenheit vergeblich die Erlaubnis zum Weiterleiten von Schweizer Munition an die Ukraine beantragt. Angesichts solcher Weigerungen müssten sich Beschaffer künftig gut überlegen, wo sie Munition einkaufen, sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz.
Die Neutralität der Schweiz ist einer der Grundsätze der Außenpolitik des Landes. Dies bedeutet, dass sich die Schweiz nicht militärisch an bewaffneten Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligt – dazu zählen auch Waffenlieferungen.
