Umfrage: Jeder siebte Deutsche hat schon für Sex bezahlt

58 Prozent aller Befragten sind zudem gegen ein Prostitutionsverbot. Auch das Nordische Modell wird von einer Mehrheit abgelehnt.

Eine Sexarbeiterin bei einer Kundgebung zum Internationalen Hurentag am Brandenburger Tor in Berlin.
Eine Sexarbeiterin bei einer Kundgebung zum Internationalen Hurentag am Brandenburger Tor in Berlin.imago

Eine aktuelle Umfrage zeigt eine überraschende Einstellung der Deutschen zu Prostitution und Sexarbeit. Demnach ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Verbot von Prostitution und gegen die von Teilen der Politik geforderte Einführung des Nordischen Modells nach dem Vorbild von Ländern wie Schweden. Hier machen sich Menschen strafbar, die die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen. Die Sex-Arbeiter:innen hingegen machen sich nicht strafbar. Nach Angaben des Erotikportals Erobella, das die Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Splendid durchgeführt hat, sind 56 Prozent aller Befragten gegen Prostitutionsverbot nach Nordischem Vorbild. Nur jeder Fünfte (20 Prozent) würde die Einführung eines solchen Modells begrüßen. Befragt wurden 1009 Menschen.

Ein kategorisches Verbot der Sexarbeit stößt mit 58 Prozent auf noch größere Ablehnung. Weitere 70 Prozent aller Befragten glauben der Umfrage zufolge, dass sich „die Situation von Sexarbeiter:innen durch ein Prostitutionsverbot verschlechtern würde“. Nur acht Prozent glauben das nicht. Zudem gaben 14 Prozent, also jeder Siebte an, in der Vergangenheit bereits sexuelle Dienstleistungen in Anspruch genommen zu haben.

Haben Prostituierte Spaß an ihrem Beruf?

Insgesamt wird die Entwicklung in der Sexarbeiter-Branche in Deutschland als positiv bewertet. So meinen 35 Prozent, dass sich die Situation der Sexarbeiter:innen in den letzten Jahren verbessert habe. 42 Prozent stimmen dem Satz „Sexarbeiter:innen sind heute besser vor Ausbeutung und Gewalt geschützt als früher“ zu. Zudem gab eine Mehrheit von 58 Prozent der Befragten an, dass sich durch das Internet die Chance für Prostituierte ergebe, ihre Tätigkeit „selbstbestimmter“ auszuüben. In einer Mitteilung des erotischen Anzeigenportals Erobella zu der Umfrage heißt es zudem: „Weitere 54 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass Sexarbeiter:innen durchaus auch Spaß an ihrem Job haben können“.

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In Deutschland gilt Prostitution seit 2002 als Beruf, seit 2017 existiert das Prostitutionsschutzgesetz. Spezielle Ausweise für Prostituierte, Gesundheitsberatung sowie Rechtsbelehrung sind Pflicht. Nur wer einen solchen Ausweis besitzt, darf in einem genehmigten Bordell arbeiten. Aus der CDU hieß in diesem Zusammenhang, der Versuch einer „trennscharfen Unterscheidung zwischen selbstbestimmter und erzwungener Prostitution“ sei gescheitert. Vielmehr würden „Menschenhändler und Ausbeuter“ unter dem Deckmantel der Legalität agieren.

Sexindustrie, Ausbeutung und Menschenhandel

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker fordert das Nordische Modell schon länger. Es sei „ein Paradigmenwechsel notwendig, der an der Nachfrageseite ansetzt: bei dem Freier, der zum Beispiel 50 Euro dafür zahlt, eine Frau ohne Rücksicht auf Widerwillen und Schmerzen zu penetrieren.“ Diese Nachfrage sei die „Triebfeder von Menschenhandel, Täuschung und Ausbeutung“.

Auch die frühere schwedische Außenministerin Margot Wallström plädiert immer wieder dafür, das sogenannte Nordische Modell in Deutschland einzuführen. Es habe sich als „effektive Exit-Strategie erwiesen für jene, die von der Sexindustrie ausgebeutet werden, sowie als effektive Strategie gegen Menschenhandel“. Mittlerweile hätten auch Norwegen, Island, Nordirland, Irland, Kanada, Frankreich und Israel das Nordische Modell eingeführt.