Umstrittener Text: SZ entschuldigt sich bei Igor Levit
Die Chefredaktion bittet in einem gemeinsamen Beitrag auch die Leser der Zeitung um Verzeihung.

München-Nach einem umstrittenen Artikel über den Pianisten Igor Levit hat die Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung um Entschuldigung gebeten. Chefredakteur Wolfgang Krach und Chefredakteurin Judith Wittwer schrieben in einem Beitrag: „Viele unserer Leserinnen und Leser kritisieren diese Veröffentlichung scharf und sind empört. Manche empfinden den Text als antisemitisch, etliche sehen Levit als Künstler und Menschen herabgewürdigt. Auch er selbst sieht das so. Das tut uns leid, und deswegen bitten wir Igor Levit persönlich wie auch unsere Leserinnen und Leser um Entschuldigung.“
Der Artikel war am Freitag mit der Überschrift „Igor Levit ist müde“ erschienen. In dem Bericht geht es darum, wie sich der russisch-deutsche Pianist auf Twitter präsentiert. Levit hatte nach dem Erscheinen getwittert: „Der Artikel in der @SZ hat mich getroffen.“ Im Netz kam von vielen Seiten Kritik auf. Krach und Wittwer betonten, auch in der eigenen Redaktion sei kontrovers über den Artikel diskutiert worden.
Der Artikel in der @SZ hat mich getroffen. Die Stellungnahme hat mich noch mehr getroffen. Am meisten hat mich die Mail des Chefredakteurs getroffen, der betont, hinter diesem Artikel zu stehen. Ich möchte darauf antworten - nur nicht in der SZ, aber herzlichen Dank fürs Angebot: pic.twitter.com/tIbopSPYLz
— Igor Levit (@igorpianist) October 19, 2020
„Harte Kritik gibt es in der Redaktion am Begriff ‚Opferanspruchsideologie‘, der nach dem Wortlaut des Textes zwar auf soziale Medien allgemein bezogen sei, aber so verstanden werden könne, dass er Levit gilt“, so Krach und Wittwer. Levit stammt aus einer jüdischen Familie. Die Chefredaktion teilte weiter mit: „Die Frage, was und wie wir aus dem Fall lernen können, wird uns weiterhin beschäftigen.“