Undercover auf Grindr: Polizei in Ägypten verfolgt Schwule auf Dating-Apps

Die Dating-App Grindr ruft seine ägyptischen Nutzer zur Vorsicht auf. Die Behörden nutzen offenbar gezielt Fake-Profile, um Jagd auf queere Personen zu machen.

Die ägyptische Polizei soll mit Fake-Profilen im Internet gezielt Jagd auf queere Menschen machen.
Die ägyptische Polizei soll mit Fake-Profilen im Internet gezielt Jagd auf queere Menschen machen.imago/photothek

Die Strafverfolgung in Ägypten nutzt offenbar gezielt Fake-Profile im Internet, um queere Menschen angeblicher Verbrechen zu überführen. Menschenrechtsorganisationen berichteten allein am vergangenen Wochenende von bis zu 40 unbegründeten Festnahmen in dem nordafrikanischen Land. Angesichts der kritischen Situation für queere Menschen hat die Dating-App Grindr nun eine Warnung an alle Nutzer ausgestellt.

„Bitte seid sowohl online als auch offline besonders vorsichtig“, heißt es in der Mitteilung, die Usern in Ägypten seit Ende letzter Woche mehrmals täglich angezeigt wird. Zusätzlich zu gefälschten Accounts nutze die Polizei auch beschlagnahmte Handys bereits unschuldig inhaftierter Personen. Obwohl gleichgeschlechtliche Beziehungen in dem autokratisch regierten Land formal nicht unter Strafe stehen, nutzt das Regime die verhältnismäßig unklare Rechtslage aus, um gezielt gegen die LGBT-Community vorzugehen.

LGBT-Verfolgung in Ägypten: Haftstrafen für „unsittliche Ausschweifungen“

Ende Februar hatte die Organisation Human Rights Watch einen umfassenden Bericht veröffentlicht, nachdem es auch im Irak und Libanon, sowie in Tunesien und Jordanien immer wieder zu willkürlichen Inhaftierungen und Folter queerer Personen kommt. Dabei würden sich die Behörden in diesen Ländern zunehmend auch digitale Strategien – wie etwa die gezielte Jagd auf Menschen in Dating-Portalen – zunutze machen.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind nach geltendem Recht in Ägypten nicht illegal, werden gesellschaftlich aber geächtet. Zudem nutzt die Strafverfolgung bestimmte, vage formulierte Gesetze aus, um queere Personen auch ohne Hinweise auf ein Verbrechen zu inhaftieren. Nach Artikel 9 des ägyptischen Anti-Prostitutionsgesetzes macht sich so bereits jeder Strafbar, der sich „unsittlichen Ausschweifungen“ hingibt. Bei einer Verurteilung drohen bis zu drei Jahre Haft.

Dem gemeinnützigen Forschungsinstitut Freedom House zufolge zählt Ägypten zu den unfreisten Ländern der Welt. Unter der Führung des seit 2013 regierenden Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi sei politische Opposition „quasi nicht existent“, insbesondere die LGBT-Community gehöre zu den häufigsten Zielen staatlich organisierter Menschenrechtsverletzungen.

Human Rights Watch: Plattformen müssen User besser schützen

Human Rights Watch sieht angesichts der willkürlichen Verfolgung queerer Menschen  im Internet auch die Anbieter selbst in der Pflicht. Dating-Apps wie Grindr müssten mehr Unternehmen, um die User vor staatlichen Übergriffen zu schützen. „Während digitale Plattformen es LGBT-Menschen ermöglicht haben, sich auszudrücken und Gehör zu verschaffen, sind sie gleichzeitig zu Werkzeugen für staatlich geförderte Unterdrückung geworden“.

Grindr-Sprecher Patrick Lenihan erklärte auf Medienanfrage, man arbeite inzwischen vor Ort mit Gruppen zusammen, „um sicherzustellen, dass die Nutzer aktuelle Informationen darüber haben, wie sie sich schützen können“. Darüber hinaus dränge man internationale Organisationen und Regierungen dazu, „Gerechtigkeit und Sicherheit für die ägyptische LGBTQ-Community zu fordern“.