Die Situation, am von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja, ist nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) „sehr angespannt“. Der Chef der Behörde, Rafael Grossi, zeigte sich besorgt und bezeichnete die Lage als „fragil“ und „unbeständig“. „Alle Sicherheitsprinzipien wurden auf die eine oder andere Art verletzt“, sagte Grossi am Dienstag am UN-Sitz in New York. „Wir können nicht erlauben, dass es so weitergeht.“
Das Atomkraftwerk in der Stadt Enerhodar in der Oblast Saporischschja ist mit sechs Blöcken und 6000 Megawatt das größte AKW in Europa. Es ist seit Anfang März von russischen Truppen besetzt, die es wenige Tage nach Beginn ihrer Invasion der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht hatten.
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Eine IAEA-Inspektion zur Prüfung der technischen Sicherheit sei dringend erforderlich, sagte Grossi. Sie bemüht sich seitdem, Experten nach Saporischschja zu entsenden, bisher ohne Erfolg. Die Ukraine wehrt sich gegen eine IAEA-Mission, weil diese nach Meinung Kiews die Anerkennung der russischen Besatzung bedeuten würde. Grossi entgegnet und sagt, man müsse auch mit Russland als Besatzer des Ortes übereinkommen.
USA: AKW Saporischschja wird als „Schutzschild“ missbraucht
„Sich vor Ort zu begeben, ist sehr komplex, weil dafür das Einverständnis und die Kooperation bestimmter Akteure nötig sind“, sagte Grossi mit Blick vor allem auf die Ukraine und Russland. Auch sei die Unterstützung der UN notwendig. Der IAEA-Chef äußerte sich am Rande einer UN-Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags. Auf dieser warnten zahlreiche Staaten auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs vor der Gefahr eines Atomkonflikts.
Anfang der Woche hatte auch US-Außenminister Antony Blinken eine tiefe Besorgnis der US-Regierung geäußert. Es gebe glaubhafte Berichte, dass Russland die Anlage bei Saporischschja als eine Art Schutzschild benutze, also aus der Nähe der Anlage auf ukrainische Kräfte schieße. Die Ukrainer wiederum können nicht zurückschießen, weil es dadurch zu einem schrecklichen atomaren Unfall kommen könnte, wie Blinken beklagte.
