„Verarmungsprogramm“: FDP-Chef Lindner warnt vor Inflationsfolgen
Die Inflation ist so hoch wie seit 1993 nicht mehr. Nicht nur der FDP-Chef sieht das mit Sorge.

Berlin-Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat sich besorgt über eine verlangsamte wirtschaftliche Erholung in Deutschland und die andauernde Inflation geäußert. „Die Risiken der ökonomischen Gesamtlage werden in der deutschen Politik momentan unterschätzt“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Inflation sei „ein Verarmungsprogramm gerade für Menschen ohne hohes Sachvermögen“. Die Bekämpfung der Geldentwertung sei Ausdruck sozialer Verantwortung.
„Die öffentliche Finanzen solide zu halten, ist dafür der wesentliche Baustein“, sagte er und warnte mit Blick auf die Europäische Zentralbank (EUB): „Wenn die EZB in das Schlepptau der Fiskalpolitik stark verschuldeter Staaten geraten würde, dann hätte sie kaum Möglichkeiten, die Inflation zu bekämpfen. In den USA deutet sich aus diesem Grund bereits eine Zinswende an, die in Europa schwer realisierbar wäre.“
Die Begrenzung von ausufernder Staatsverschuldung müsse daher auch Ziel einer künftigen Bundesregierung sein, so Lindner. „Deutschland hat hier eine Schlüsselstellung für die Stabilität ganz Europas. Investitionen sind dringend nötig, aber ihre Finanzierung kann nachhaltig solide gelingen, wenn nicht zugleich die Wünsche nach staatlichen Konsumausgaben durch die Decke gehen.“
Deutsche-Bank-Chef: „Inflation kein temporäres Phänomen“
Für Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ist der Anstieg der Inflationsraten nicht nur ein temporäres Phänomen. „Das muss man sich vorstellen wie bei einem mehrstöckigen Haus: Wir sind nun in einer höheren Etage angelangt, und da werden wir erst einmal bleiben“, sagte Sewing der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Jetzt seien die Notenbanken gefordert, die Entwicklung nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. „Sie müssen den Weg aus ihrer sehr lockeren Geldpolitik herausfinden. Und zwar besser früher als später“, sagte Sewing der Zeitung.
Die Inflation zieht seit Monaten vor allem wegen stark steigender Energiepreise an. Im Oktober legten die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat in den Ländern mit der Euro-Währung um 4,1 Prozent zu, das ist der höchste Wert seit Mitte 2008. In Deutschland stiegen die Verbraucherpreise sogar um 4,5 Prozent zum Vorjahresmonat. Eine Teuerungsrate von 4,5 Prozent hatte es zuletzt Oktober 1993 gegeben.
Europas Währungshüter lassen sich durch den sprunghaften Anstieg der Teuerung aber nicht von ihrer ultralockeren Geldpolitik abbringen. Erst bei der Sitzung am 16. Dezember will der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) entscheiden, wie es mit den milliardenschweren Anleihenkäufen weitergeht und welche Schritte folgen. Ein Ende des Zinstiefs ist weiterhin nicht in Sicht.
