Warnstreik am Montag: Kein S-Bahn- und Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg

In Berlin und Brandenburg fahren am Montag keine Züge der Bahn und der S-Bahn. Auch die Odeg ist vom Warnstreik betroffen.

In Berlin und Brandenburg fahren am Montag keine Regionalzüge und S-Bahnen. 
In Berlin und Brandenburg fahren am Montag keine Regionalzüge und S-Bahnen. Jens Büttner/dpa

Die Bahn stellt in Berlin und Brandenburg wegen des Verkehrs-Warnstreiks am kommenden Montag den S-Bahn- und Regionalverkehr vollständig ein. Es werden ab Beginn des Streiks in beiden Bundesländern keine Züge der Deutschen Bahn fahren, teilte das Unternehmen am Freitag mit. „Ob im Laufe des Nachmittags einzelne Verbindungen aufgenommen werden können, hängt vom Streikverlauf ab“, hieß es. Auch nach dem Wiederanlaufen des Bahnverkehrs seit mit Einschränkungen zu rechnen. „Insbesondere für langlaufende Linien stehen die Züge erst verzögert für einen regulären Betrieb zur Verfügung“, teilte die Bahn weiter mit. „Ziel ist es, ab Dienstag früh möglichst wieder das volle Fahrplanangebot bereitzustellen.“

Auch die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (Odeg) kündigte am Freitag an, sämtliche Regionalzüge am Montag in den Depots zu lassen. Die Gewerkschaften Verdi und EVG haben für Montag zu bundesweiten Warnstreiks im Verkehrsbereich aufgerufen.

Odeg wird bestreikt: Diese Linien sind betroffen

Betroffen sind demnach unter anderen die Regionalexpress-Linien RE1 zwischen Magdeburg und Cottbus, die RE8 Nord und Süd zwischen Wismar und dem Flughafen BER beziehungsweise zwischen Berlin Hauptbahnhof und Finsterwalde (Niederlausitz) als auch die RE9 zwischen Rostock und Binz/Sassnitz. „Es wird keinen Ersatzverkehr mit Bussen gestellt, da auch Busunternehmen bestreikt werden“ teilte die Odeg weiter mit.

Die Deutsche Bahn sieht keine Möglichkeit für einen Notfahrplan im Fernverkehr für den Warnstreiktag am kommenden Montag. „Es nützt ja nichts, eine kurze Strecke mit einem Intercity oder einem ICE zu fahren, weil man einen Lokführer hat, und der Zug dann irgendwo stehen bleibt, weil das Stellwerk bestreikt wird“, sagte ein Konzernsprecher am Freitag in Berlin. Es sei besser, die Züge blieben an diesem Tag in den Depots. „Auch zum Betriebsbeginn am Dienstagmorgen wird es noch Ausfälle geben“, sagte der Sprecher weiter. Auch hier seien überlappende Schichten der Grund.

Die Bahn hat die Zugbindung auch bei Spar- und Supersparpreisen aufgehoben. Generell können alle für diesen Montag und diesen Dienstag gekaufte Fahrkarten für den Fernverkehr bis zum 4. April flexibel genutzt werden, sofern sie bis einschließlich diesen Donnerstag gekauft wurden.

Der beispiellose Warnstreik umfasst neben dem Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr auch viele deutsche Flughäfen, die Wasserstraßen und Häfen sowie Autobahnen. 

Ansturm auf Alternativen: Mietwagen-Boom von 220 Prozent in Berlin

Die Streikankündigung führte zu einem Run auf Alternativen. Sowohl bei Mietwagen als auch bei Fernbussen stiegen die Buchungen und Suchanfragen deutlich, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei mehreren Anbietern ergab. Bei Mietwagen kam es zudem teilweise zu deutlichen Preissteigerungen. In Berlin betrug das Plus sogar 220, in Frankfurt 180 und in München 164 Prozent.

Der Fernbusanbieter Flixbus berichtete ebenfalls von einer „deutlich gestiegenen Nachfrage“ - insbesondere seit Donnerstagnachmittag. Man habe bereits in den vergangenen Tagen zusätzliche Busse auf zentralen Strecken für den Streiktag eingeplant, „um dem erhöhten Buchungsaufkommen gerecht zu werden und möglichst viele Reisende am Montag an ihr Ziel zu befördern“, sagte eine Sprecherin.

Arbeitgeber kritisieren Warnstreik scharf

Deutschlands Arbeitgeber werfen den Gewerkschaften indes überzogenes Handeln vor. „Wer so handelt, handelt unverhältnismäßig und gefährdet die Akzeptanz für das Streikrecht“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, findet den massiven Ausstand „nicht ok“, wie sie in Berlin sagte. Sie rief die Gewerkschaften zu konstruktiven Zeichen für die am Montag beginnende dritte Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes auf - neben den Tarifgesprächen bei der Bahn der entscheidende Hintergrund für die Warnstreiks. „Die Gewerkschaften sollten aufpassen, dass sie nicht überziehen“, sagte Welge.

Der Airline-Verband Barig, dem neben internationalen auch die meisten deutschen Anbieter angehören, kritisierte das Vorgehen der Gewerkschaften als „verantwortungslos“. „Die unverhältnismäßig massiv eingeschränkte Mobilität erschwert die nationalen wie auch internationalen Verkehrsströme, den Warentransport, gegebenenfalls wichtige humanitäre Hilfslieferungen und das gesellschaftliche Zusammenleben allgemein“, sagte Barig-Chef Michael Hoppe.

Der Mittelstand blickt derweil tief besorgt auf den für Montag angekündigten großangelegten Verkehrs-Warnstreik. „Unternehmen und Bevölkerung dürfen nicht in Geiselhaft genommen werden für Forderungen, die in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht zielführend sind“, sagte der Chef des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Erzwungene hohe Lohnabschlüsse, die die Unternehmen an den Rand der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit bringen, rauben jede Motivation, sich zusätzliche Kosten für die eigene Transformation aufzubürden.“

Bahngewerkschaft verteidigt Warnstreik: „Wir übertreiben nicht“

Der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert verteidigte den Warnstreik und warb um Verständnis. „Nein, wir übertreiben nicht“, sagte Burkert am Freitag im Deutschlandfunk auf eine entsprechende Frage. „Es ist sicherlich historisch, dass wir zeitgleich das Momentum haben, dass wir in schwierigen Tarifverhandlungen stehen“, sagte der EVG-Chef mit Blick auf den gemeinsamen Warnstreik zusammen mit Verdi in den jeweiligen Tarifkonflikten, der den Verkehr weitgehend lahmlegen wird. Beide Gewerkschaften seien für Mobilität zuständig.

Burkert bat die Menschen um Verständnis: „Wir wissen, dass wir sehr, sehr viele Reisende natürlich damit auch beeinträchtigen und treffen“. Aber es bleibe in dem Moment keine andere Wahl. „Die Gewerkschaften hofften, dass die Arbeitgeber daraus lernen und jetzt ernsthaft ein Angebot auf den Tisch legen“.

Verhandlungen: Burkert wirft Bahn ein „Scheinangebot“ vor

Mit Blick auf die Debatte über das Streikrecht sagte der EVG-Chef, „es ist ein scharfes Schwert, mit dem wir auch sehr verantwortungsvoll umgehen“. In Deutschland gebe es im Vergleich zu anderen Ländern wenige Streiktage. In Frankreich gehe es aktuell um politische Streiks mit politischen Forderungen, was es in Deutschland nicht gebe. Es gehe im Tarifkonflikt von EVG und Verdi um Forderungen für Bezahlung und Tarifverträge.

Der Deutschen Bahn warf Burkert vor, ein „Scheinangebot“ vorgelegt zu haben. „Wir erwarten in der nächsten Woche ein verhandlungsfähiges Angebot“, sagte er. Und dann werde wie geplant am 24./25. April verhandelt. Die EVG hoffe, dann zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Die Deutsche Bahn AG habe bereits zweimal die Chance vertan, ein verhandlungsfähiges Angebot überhaupt auf den Tisch zu legen.

Bundesregierung ruft vor Verkehrsstreik zu Verhandlungslösung auf

Die Bundesregierung rief die beteiligten Tarifparteien zu einer baldigen Verhandlungslösung auf. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wies am Freitag in Berlin darauf hin, dass das Streikrecht ein Grundrecht in Deutschland ist. Grundsätzlich rufe man aber zugleich dazu auf, „dass die Tarifpartner bald zu einer tragfähigen Lösung finden, damit die Auswirkungen eines solchen Streiks nicht zu arg sind für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land“.

Das Bundesverkehrsministerium erklärte, dass das System Schiene und der Öffentliche Personennahverkehr einen ganz enormen Beitrag für die Versorgung und Mobilität in Deutschland leisteten. Ressortchef Volker Wissing (FDP) habe deshalb an alle Beteiligten appelliert, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und die Auswirkungen des Streiks so gering wie möglich zu halten.