Koalitionsstreit: Faeser will an Vorratsdatenspeicherung festhalten

Innenministerin Nancy Faeser sieht die Speicherung von IP-Adressen als notwendig an. Die FDP wirbt hingegen für das Quick-Freeze-Verfahren.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hält die Erfassung von IP-Adressen für die Verfolgung von Kindesmissbrauch im Netz für geboten.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hält die Erfassung von IP-Adressen für die Verfolgung von Kindesmissbrauch im Netz für geboten.dpa/Bernd von Jutrczenka

Eine Einigung in der Koalition über die Vorratsdatenspeicherung ist weiterhin nicht in Sicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) pochte am Mittwoch erneut darauf, die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeräumten Spielräume für auch anlasslose Datenspeicherungen auszuschöpfen. Dagegen setzt Justizminister Marco Buschmann (FDP) weiterhin auf das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren, das Faeser wiederum skeptisch sieht.

Faeser verwies vor allem auf die Möglichkeit zur Speicherung von IP-Adressen. „Für mich ist wichtig, dass wir die IP-Adressen verfügbar haben müssen“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Das gilt gerade für schwere Straftaten wie sexualisierte Gewalt gegen Kinder“.

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Zum Quick-Freeze-Verfahren, bei dem Daten nur anlassbezogen und auf richterliche Anordnung gespeichert werden, sagte Faeser: „Wenn die Daten weg sind, kann ich auch nichts mehr einfrieren.“ Sie äußerte sich aber gleichwohl zuversichtlich hinsichtlich einer Einigung mit Buschmann.

Buschmann: Vorratsdatenspeicherung sei „totes Recht“

„Ich bin sicher, dass wir eine Einigung finden werden“, sagte die Ministerin bei der Vorstellung des Lageberichts zur organisierten Kriminalität in Berlin. Sie argumentierte, es sei hier besser, „Daten, die unter Wahrung der Freiheitsrechte gewonnen werden“, zu nutzen als „Daten, die uns aus dem Ausland zugespielt werden“.

Unterstützung erhielt Faeser vom Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch. „Ich habe die Hoffnung, dass Spielräume, die uns der EuGH gibt, auch genutzt werden“, sagte er bei dem Termin zur organisierten Kriminalität. Eine Speicherung der IP-Adressen wäre aus seiner Sicht „ein Gewinn für die Strafverfolgung in Deutschland“.

Buschmann bezeichnete die anlasslose Vorratsdatenspeicherung dagegen erneut als „totes Recht“. „Mit dem Quick-Freeze-Verfahren führen wir ein neues Ermittlungsinstrument ein“, bekräftigte er auf Twitter seine Pläne für eine neue gesetzliche Regelung. Auch damit bekämen Ermittler „ein effektives Instrument, um gegen schwere Verbrechen vorzugehen“, erklärte das Justizministerium.

Der FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle kritisierte Faeser wegen ihrer Haltung. Sollte die Ministerin auf ihrem Nein zum Quick-Freeze-Modell beharren, wäre dies ein „Sicherheitsrisiko“, sagte Kuhle der Nachrichtenagentur AFP. „Die Bundesinnenministerin sollte jetzt nach vorne schauen“ und das von Buschmann vorgeschlagene Instrument nutzen, forderte der FDP-Politiker weiter.

FDP: Quick-Freeze-Verfahren als „grundrechtsschonende Alternative“

Die „anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist ein für alle Mal Geschichte und muss zügig aus Gesetz gestrichen werden“, forderte auch FDP-Parlamentsgeschäftsführer Stephan Thomae. Er warb in der Augsburger Allgemeinen ebenfalls für das Quick-Freeze-Verfahren als eine „grundrechtsschonende Alternative“.

In der Ampelkoalition lehnen auch die Grünen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ab und setzen auf Quick Freeze als Alternative. Der EuGH hatte die Vorratsdatenspeicherung am Dienstag im Grundsatz für rechtswidrig erklärt, allerdings einige Ausnahmen zugelassen. Neben den IP-Adressen betrifft dies unter anderem die Datenerhebung an bestimmten Orten oder in Gefährdungssituationen.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) drängte wie Faeser auf die Speicherung der IP-Adressen. „Gerade im Kampf gegen Kindesmissbrauch sei der digitale Fußabdruck oft der einzige Ermittlungsansatz“, sagte er der Rheinischen Post.

Der Kinderschutzbund warb hingegen für das Quick-Freeze-Verfahren, bei dem Daten eines möglichen Straftäters erst ab dem Moment gespeichert werden, zu dem dieser unter einem konkreten Verdacht steht. Sein Verband halte dies „für einen gangbaren Weg in der Abwägung zwischen Datenschutz und Kinderschutz“, sagte Vorstandsmitglied Joachim Türk dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).