Nach hitziger Debatte: Bundestag beschließt Wahlrechtsreform
Mit der Reform soll der Bundestag ab der nächsten Wahl auf 630 Mandate verkleinert werden. Union und Linkspartei wollen dagegen klagen.

Der Bundestag hat mit den Stimmen der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP eine Reform des Wahlrechts beschlossen. Bei einer namentlichen Abstimmung votierten an diesem Freitag 400 Abgeordnete für eine entsprechende Gesetzesänderung.
An der Wahl beteiligt hatten sich 684 Abgeordnete. Für den Beschluss war eine einfache Mehrheit im Parlament nötig. Wie die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özoguz mitteilte, stimmten 261 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. 23 Parlamentarier enthielten sich.
Politiker der Opposition hatten den Ampel-Fraktionen in der abschließenden Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestages vorgeworfen, sie hätten sich ein Wahlrecht zum eigenen Machterhalt maßgeschneidert. Der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann sagte vor der geplanten Abstimmung über die Reform im Bundestag, Ziel des Vorhabens sei „ein einfaches, nachvollziehbares Wahlrecht“.
Durch die Wahlrechtsreform soll der Bundestag von derzeit 736 auf 630 Mandate verkleinert werden. Das Parlament war im Zuge in der Vergangenheit immer weiter angewachsen. Erreicht werden soll die Verkleinerung, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Diese sorgten bislang für eine Aufblähung des Bundestages.
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag erringt als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustünden. Sie darf diese Sitze behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate. Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Das erzürnt vor allem die CSU.
CSU: Ampel will unser Existenzrecht infrage stellen
Die Reform wird von Union und Linkspartei abgelehnt. Beide kündigten eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und „das Existenzrecht der CSU“ infrage zu stellen. „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“, um den „Machtanspruch der Ampel“ zu zementieren, warf er Hartmann vor.
Hintergrund ist, dass künftig eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten soll. Die Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Wird die Klausel gestrichen, könnte das, je nach Wahlergebnis, künftig auch Konsequenzen für die CSU haben.
In der Plenardebatte hatte der Vorsitzende der Unionsfraktion, Friedrich Merz, eine Verschiebung der Abstimmung um zwei Wochen vorgeschlagen. So könne womöglich doch noch ein Konsens gefunden werden, sagte der CDU-Chef. Der Fraktionschef der SPD, Rolf Mützenich, lehnte eine Vertagung jedoch ab. „Drei Wochen intensives Ringen wird nicht besser, wenn wir noch mal 14 Tage warten“, sagte Mützenich.
Ursprünglich wollte die Ampel das Parlament sogar wieder auf die Sollgröße von 598 Abgeordneten reduzieren. Nachdem die Union diesen Vorschlag von SPD, Grünen und FDP abgelehnt hatte, der die Streichung der Grundmandatsklausel noch nicht vorsah, präsentierte die Ampel die neue Variante. (mit dpa)