Im Streit um den Indianerhäuptling Winnetou spricht ein Hamburger Professor jetzt von Adolf Hitler. Der Kolonialforscher Jürgen Zimmerer sagt: „Es ist kein Zufall, dass Adolf Hitler und SS-Chef Himmler große Karl-May-Fans waren.“ Die Bücher von Karl May gehörten laut Zimmerer zur „literarischen Erfahrung“ von Nazis. Sie hätten die „weiße, deutsche Überlegenheit“ vermittelt.
Zimmerer sagt weiter, „der Rassismus und der Kolonialismus“ würden „quasi die DNA der Geschichten von Winnetou, Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi“ ausmachen. Die „Vorstellungswelt von Land, das man besiedelt“, während die dortigen Einwohner einfach „verschwänden“, habe als „literarische Erfahrung“ direkt die Zeitgenossen geprägt, die dann den Vernichtungskrieg der Nationalsozialisten ins Werk gesetzt hätten.
„Eine unternehmerische Fehlentscheidung“
Der Kolonialismus-Forscher Zimmerer sagt laut dem Bayerischen Rundfunk, er sei zwar „generell gegen das Entfernen, ich sage auch nicht, dass man das nicht lesen soll. Ich finde, Lehrer sollten Passagen aus Winnetou mit ihren Schülern lesen und diskutieren.“ Und weiter: „Aber als Jugendbuch taugen die Geschichten nicht, das ist problematisch und geht nicht.“
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Sein Vorschlag: „Die Geschichte zwischen einem Weißen, der ins Land kommt und jemandem, der dort geboren ist, hätte man doch nach Afghanistan verlegen können. Da hat die Bundeswehr zwanzig Jahre gekämpft.“ Stattdessen aber werde „die Winnetou-Geschichte aufgewärmt. Das sind in meiner Altersgruppe nostalgische Motive, man will damit die eigenen Privilegien verteidigen.“
Frauenfeindlichkeit: „Als die Ehe noch eine ‚richtige‘ Ehe war“
Zudem sieht Zimmerer auch Frauenfeindlichkeit bei Karl May. So würden Menschen, die Karl May verteidigten, die „gute, alte Gesellschaft“ in Schutz nehmen, „als die Ehe noch eine ‚richtige‘ Ehe war.“ Karl May habe die Erwartungen seiner wilhelminischen Zeitgenossen bedient: „Das ist der Schüssel zu seinem Erfolg: Seine Leser haben das sofort verstanden. Er macht nichts anderes, als seine sächsischen Erfahrungen auf Nordamerika zu übertragen.“ Karl May wurde im Ernstthal geboren und lebte später 24 Jahre in der heutigen Stadt Radebeul.
Nun habe also ein Verlag „eingesehen“, dass er „eine unternehmerische Fehlentscheidung getroffen“ habe. Zimmerer weiter: „Wie das dann explodiert ist, das ist ungewöhnlich, dass so viele Leute darauf reagieren. Eigentlich dürfte es diese Debatte gar nicht geben, es ist ja alles klar.“